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Wolfgang Schiemichen & Andere
In Labyrinthen: Dunkle Pfade im Osten
Pegasus Spiele, Friedberg, 2001
112 Seiten SC, 32,80 DM
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L

a ist sie also endlich, die erste "echte" Abenteuer-Sammlung für das deutsche Cthulhu. Äußerlich gibt es keine Überraschungen, die grafische Gestaltung von Umschlag und Inhalt entsprechen dem bereits mit dem Regelwerk eingeführten und mit "Wales" und "Amerika" fortgeführten Standard. Ob man darüber glücklich sein muß, muss wohl jeder selbst entscheiden. Es wird zumindest immer schwieriger, die jeweiligen Titel der Neuerscheinungen auf dem Cover zu entziffern...

Inhaltlich erwarten den Käufer neben fünf Abenteuern noch einige Seiten mit Informationen über die Indianerstämme des amerikanischen Nordostens und insbesondere deren Schamanen, Rituale, Legenden usw. sowie der Artikel "Von echten Schrecken und schrecklichen Spielleitern", durchaus wertvoll für Einsteiger. Die Handouts der einzelnen Abenteuer werden zudem noch um viele Seiten mit neuen Mythos-Texten, also Auszügen aus diversen Büchern und Grimoires, ergänzt, wie man es schon aus den alten Laurin-Ausgaben kennt. Autor derselben ist wiederum Wolfgang Schiemichen, allerdings ist die grafische Gestaltung der Texte, wie auch der Handouts insgesamt, wesentlich besser gelungen, als dies bei Laurin der Fall war. (Abkopieren und an die Spieler verteilen würde ich sie dennoch nicht...)

Neben vier Abenteuern, die aus älteren (antiken?) amerikanischen Call-of-Cthulhu-Produktionen von Chaosium stammen, ist ein gänzlich neues Szenario enthalten, verfasst von Frank Heller, der den Lesern des Chronicle ja kein Unbekannter sein dürfte. Um es vorweg zu nehmen, ist dieses auch zweifelsohne das beste in diesem Band enthaltene Abenteuer. Aber der Reihe nach!

Das Nest (Original: The Warren) - Die Charaktere werden auf diffusen Wegen in die geheimnisvolle Geschichte eines alten Hauses, des Boucher-Anwesens verwickelt, wo sie es mit einem Y'golonac-Anhänger und seiner auf fürchterliche Weise degenerierten Familie zu tun bekommen.
Wie Wolfgang Schiemichen schon in der Einführung schreibt - ein mäßiges, wenig überzeugendes Abenteuer. Zwar werden Tipps zum Umschiffe einiger besonders arger Klippen gegeben, zu einer positiven Überarbeitung langt das aber noch nicht. Klar, mit eigenen Ideen und Ergänzungen wird da sicherlich was Tolles draus, aber kann das der Sinn einer Publikation wie dieser sein? Dem Spielleiter etwas Mieses vorlegen, damit er möglichst viel selbst macht bzw. halt nicht und dann auf die Schnauze fällt - um daraus zu lernen und für das Leiten anderer, besserer Abenteuer vorbereitet ist? Wer ein thematisch derart gelagertes Abenteuer spielen möchte, lese liebe Graham Masterons "Die Opferung", just im Festa-Verlag erschienen.
Der Fall (Original: The Case) lehnt sich an Lovecrafts Der Fall Charles Dexter Ward an und führt die Charaktere u. a. nach Providence, wo die Neugier und Experimentierfreude eines alten Freundes böse Folgen für ihn hat und einen Hexenmeister ins Leben zurückruft.
Mit einigen schaurigen Momenten in den Gewölben eines Turms versehen, nicht so wahnsinnig gehaltvoll, für Einsteiger aber noch interessant.
Das entsetzlich einsam gelegene Haus im Wald - Ein Autounfall mitten in den Wäldern Maines konfrontiert die Charaktere mit einem alten indianischen Geist. In einer alten Jagdhütte müssen sie die Nacht verbringen, überleben und die Fesseln, die den Okanda-Hepa in den Hügel bannten, wiederherstellen...
Frank Hellers Abenteuer wartet mit einigen Motiven auf, die dem ersten Tanz der Teufel-Film entliehen sind, ohne jedoch dessen Splatter-Horror nachahmen zu wollen. Ein geschickter Spielleiter, der die Illusionen und indirekten Fähigkeiten des indianischen Geistes, des Okanda-Hepa, richtig einsetzt, wird seine Spieler zweifellos das Fürchten lehren können. Ausnahmsweise mal keine extensiven Recherchen von Familien-Geschichten, Dokumenten usw., sondern ein echter, vor allem psychischer Überlebenskampf. Das einzige der Abenteuer in diesem Band, das ich selbst mal mit meiner Gruppe spielen möchte. Gut!
Autonarren (Original: Furious Driving) - Erneut wartet eine dunkle Familien-Vergangenheit darauf, von den Charakteren erforscht zu werden.
Mehr gibt's dazu eigentlich nicht zu sagen. Was soll man von diesem Abenteuer halten? Teilweise sicher originell, ist das "Finale" in meinen Augen nur lächerlich. Sollte sich unter den Charakteren einer Gruppe ein Autonarr befinden, läßt sich noch einiges daraus machen, so bleibt außer einigen netten Ansätzen und einem überflüssigen Avatar Nyarlathoteps nur ein holpriges Abenteuerchen, das einiger Überarbeitung bedarf, bevor es auf die Spielrunde losgelassen werden sollte.
Der Gott im Labyrinth (Original: The Pale God) - Auf konspirative Weise werden die Charaktere in das Schicksal von Stuart Cabot-Jenkins verwickelt, der einen Blick zuviel in das alte Martensen-Anwesen und die Labyrinthe darunter warf. Auch die Charaktere könnte eine Erforschung der Tunnel in unangenehme Gefilde führen, vielleicht sogar nach England. Und irgendwo im Haus des Wurms windet sich der Große Alte Eihort in Erwartung neuer Opfer...
Das beste der vier klassischen CoC-Abenteuer und durchaus geeignet, den Auftakt einer Kampagne zu bilden. Wenn der Spielleiter es schafft, einige Längen zu vermeiden (endloses Tunnel-Gelaufe...), eine einigermaßen gelungene Verarbeitung einer Mythos-Story von Brian Lumley. Allerdings ohne mit besonderen Einfällen zu glänzen.

Fazit:
Die Auswahl der "klassischen" Abenteuer ist leider (fast) gänzlich mißglückt. Einzig The Pale God ist in der vorliegenden Fassung zum Spielen zu empfehlen, die drei anderen sind so kaum spielfertig. Sicher, das diese Abenteuer mangelhaft sind, wird vom Herausgeber bereits in der Einführung deutlich gemacht. Nur warum dann diese Wahl? Eine Begründung in der Richtung, das neue/unerfahrene Spielleiter so am besten lernen, zieht nun wirklich nicht. Warum soll ein Spielleiter denn über 30 DM für miese Abenteuer ausgeben, in die er viele Stunden eigener Arbeit stecken muß, wenn er auch gut ausgearbeitete, logisch aufgebaute und mit hilfreichen Hinweisen versehene Abenteuer bekommen könnte? Die Palette guter Chaosium-Abenteuer ist zwar relativ klein, aber hier wurde mit sicherem Gespür und anscheinend völlig bewußt in die Brennesseln gegriffen. Schade!
Ein wenig unwohl wird mir bei der Flut an Mythos-Werken, die in diesen Abenteuern auftauchen. Vom Necronomicon über Cultes des Ghoules, Monstres and their Kynde, Thaumaturgical Prodigies in the New England Canaan, Revelations (nicht "Relevations"…) of Glaaki bis zum Book of Eibon ist einiges vertreten, was Rang und Namen hat. Nicht unbedingt das, was ich neuen/unerfahrenen Spielleitern empfehlen würde...
Auch schade, das die Artikel/Abenteuer nicht jeweils mit dem Namen des Autoren versehen sind. Warum eigentlich?

Mangels Alternativen wird und sollte man auch "In Labyrinthen" kaufen; ist zwar etwas viel Geld für ein, sagen wir zwei gute Abenteuer, aber so selten, wie deutsche Cthulhu-Publikationen erscheinen, sollte und muß! jeder das Geld überhaben.

Ingo Ahrens

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