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orweg sei klargestellt, das es sich bei diesem Paperback NICHT um eine 1:1-Ausgabe des gleichnamigen, limitierten Hardcovers handelt, der vor einiger Zeit erschien (siehe Rezension). Zusätzlich zu den bereits im HC enthaltenen vier Stories enthält dieses Band nun noch weitere zehn Erzählungen des modernen Meisters der Phantastik, Thomas Ligotti. Sie entstammen den amerikanischen Veröffentlichungen Songs of a Dead Dreamer (Die Musik des Mondes, Dr. Voke und Mr. Veech, Luchsauge, Dr. Locrians Irrenhaus, Die verlorengegangene Kunst des Zwielichts), Grimscribe (Der Schatten am Grund der Welt) und Noctuary (Die Medusa, Die Verheißung der Träume, Die seltsame Kunst des Meister Rignolo, Die Stimme in den Knochen) und bieten insgesamt einen exquisiten Querschnitt aus Ligottis Schaffen, der meines Erachtens in seiner Zusammenstellung selbst Teatro Grottesco noch übertrifft. Es wäre müßig, jede einzelne der Geschichten inhaltlich hier nacherzählen zu wollen, zumal ich dies nur sehr unzureichend könnte. Ich greife daher nur mal meine beiden Favoriten aus der Sammlung heraus, als dies wären Die Musik des Mondes und Die verlorengegangene Kunst des Zwielichts. Schon anhand der Titel seiner Werke läßt sich selbst für den unerfahrenen Ligotti-Leser erahnen, wie ungewöhnlich sie in vielerlei Hinsicht sind, ohne das er dabei mit übertriebenem Adjektivismus, verkitschter Romantik oder hochtrabendem Symbolismus um sich wirft. Ligotti weiß mit jedem Wort genau, welche Stimmung er ausdrücken will und vermeidet großartige Ausschweifungen. Die morbiden, düsteren, beklemmenden Szenarien entstehen ganz natürlich ohne gekünstelt zu wirken, niemals plakativ zu sein. Die Musik des Mondes verwendet
ein Motiv, das der eine oder andere sicher kennt, wenn auch (hoffentlich)
nicht in der ungewöhnlichen Ausprägung, wie der arme Tressor:
Schlaflosigkeit. Tressor berichtet dem Erzähler von einer nächtlichen
Wanderung in die abgelegeneren Viertel der Stadt, wo er mit anderen
einer seltsamen Veranstaltung beiwohnt, einem Konzert das ihn endlich
einschlafen lässt. Doch das Erwachen ist böse, denn die anderen
Zuhörer findet er kokonartig in einem weißen Gespinst vor,
mit leeren Augenhöhlen auf die Bühne starrend. Von der Musik,
die er "im Fleische" hört, vermag er sich allerdings
nicht mehr zu lösen, und eines Tages bleiben seine Besuche beim
Erzählenden aus. Auch diesem fällt es nun schwer, seine Schritte
aus gewissen Teilen der Stadt fernzuhalten... Die verlorengegangene Kunst des
Zwielichts befasst sich ungewöhnlicherweise (für Ligottis
Verhältnisse) mit dem ausgelutschten (hehe) Thema Vampire. Ein
dekadenter Sprößling einer untoten Mutter lebt zurückgezogen
auf seinem Landsitz und erwartet mißbilligend den unerwünschten
Besuch seiner Verwandtschaft aus Frankreich ("die väterliche
Linie der Familie..."). Wie soll er seine besondere "Veranlagung"
vor ihnen verbergen? Oder sollte die Frage lauten: Warum?... Was einem immer wieder bei Ligotti auffällt, sind die häufig wiederkehrenden Details oder Motive, wie zum Beispiel Clowns oder Clownfiguren, Glocken (sehr häufig) und Doktoren bzw. Ärzte. Daraus ergibt sich glücklicherweise kein langweilender Wiederholungseffekt, vielmehr fragt man sich, was Ligotti damit bezweckt, was steckt dahinter? Ich bin noch nicht dahintergekommen, vielleicht verschafft mit S. T. Joshis Aufsatz im kommenden "Moderne Horrorautoren Band 2" einen neuen Einblick... Wie auch immer, dieser Band ist mehr als nur eine Empfehlung
wert - er ist in meinen Augen eine neue Referenz
in Sachen Thomas Ligotti in Deutschland, was nicht zuletzt auch der
großartigen Übersetzung durch Eddie M. Angerhuber zu verdanken
ist. Ligotti hat leider noch nicht die Aufmerksamkeit bekommen, die
er verdient, aber das ging schließlich auch Lovecraft so. Ich
für meinen Teil geniesse jedes Häppchen Tom Ligotti das ich
bekommen kann und bedauere jeden, der meint, sich nicht mit diesem großartigen
Autor beschäftigen zu müssen. Danke an Frank Festa, der es
immer wieder möglich macht, das solche Kleinode erscheinen! Ingo Ahrens
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