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Beyond the Mountains of Madness
An Epic Campaign for Call of Cthulhu
Chaosium Inc., 1999
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B

eyond The Mountains of Madness - zunächst erschlägt einen erst einmal Gewicht und Umfang dieser letzten Veröffentlichung von Chaosium - 438 Seiten!! Wow!! Ich glaube, daß ist so ziemlich das dickste Buch, was im Rollenspielsektor jemals das Licht der Welt erblickt hat, und das will was heißen. Doch nun zum Inhalt, denn schließlich ist es das, worauf es ankommt. Beyond the Mountains of Madness ("BMM") bezieht sich natürlich auf die Story "At the Mountains of Madness" (deutsch: Berge des Wahnsinns) von HPL himself, und wer die nicht gelesen hat, sollte es schleunigst tun. Shame on You!

BMM beschreibt eins dieser typischen Themen der Nachfolgeexpedition. Ziel der Expedition ist es, nach Spuren der letzten Expedition zu suchen. Ziel der letzen Expedition war es, eine Brücke zwischen beiden Gipfeln des Kilimandscharo zu bauen ... aber ich schweife ab.

Tatsächlich möchten die beiden Forscher Starkweather und Moore die Ergebnisse der letzten Antarktis-Expedition der Miscatonic University untermauern bzw. herausfinden, warum diese Expedition so ein schreckliches Ende fand, wie es in "At the Mountains of Madness" beschrieben wird. Es schadet im übrigen nicht, wenn die Spieler diese Story kennen, gibt es sie doch während des Spiels (als inoffiziellen Bericht der letzten Expedition) zu finden. Die Spieler heuern auf der Starkweather Moore Expedition an. Ob sie dies als Wissenschaftler, Piloten, Techniker oder einfache Träger und Arbeiter tun, spielt an sich keine Rolle, so daß für eine breites Spektrum von Spielerhintergründen gesorgt ist. Bereits bei der Ausstattung der Expedition in New York kommt es zu Problemen und Sabotageversuchen. Inwiefern diese auf Konkurrenzexpeditionen, die in der Geschichte noch eine Rolle zu spielen haben, oder auf andere Ursachen zurückgeht, soll hier nicht verraten werden.

Irgendwann wird dann glücklich(?) abgelegt und der antarktische Kontinent angesteuert. Die Reise verläuft selbstverständlich auch nicht ereignislos, aber es sollte der Gruppe zumindest gelingen, die Antarktis, jenen lebensfeindlichsten aller Orte der Erde, ohne größere Verluste zu erreichen. Ist man endlich am Lager der Vorgängerexpedition angelangt, beginnt die Nachforschung. Während sich eine Hälfte der Spielgruppe wohl den sagenhaften (und auf vergessene Erdzeitalter hindeutenden) Fossilien widmet, die in der Nähe des letzten Expeditionslagers zu finden sind, und sich die andere Hälfte über die (grauenhaften) Überreste jener Expedition wundert, treten die Konkurrenzexpeditionen auf den Plan. Im direkten Wettlauf überquert man die Berge des Wahnsinns, und war die Geschichte bisher von eher weltlichen Problemen und Problemchen geprägt, so beginnt mit der Entdeckung der in Ruinen liegenden Stadt der älteren Wesen das Grauen wahrhaft kosmischen Ausmaßes. Denn es ist nicht tot, was ewig liegt... Mit viel Glück (und einigen Verlusten) schaffen es unsere Abenteurer auch wieder zurück ins Lager und, schwer beladen von geistiger Stabilitäts-zerstörendem Wissen geht's auf die Heimreise. Hier, wenn man denkt, es wäre alles überstanden, meldet sich noch einmal (und zwar massiv) der Horror zu Wort, und so bleibt zu hoffen, daß es überhaupt einigen Unerschrockenen gelingt, New York zu erreichen. Was sie der Presse erzählen, ist natürlich eine andere Sache...

Die Kampagne ist in 13 Abschnitte gegliedert, die sich jeweils an einem Abend durchspielen lassen sollten. Im Anhang finden sich ausführliche Informationen zum Leben und Überleben in der Antarktis, zu benutzten Fahrzeugen (insbesondere Flugzeugen) der Expedition und zu den beteiligten Personen, sowohl an der Starkweather Moore Expedition, als auch zu denen in den Konkurrenzexpeditionen, sowie ein Abriß über die Erforschungsgeschichte der Antarktis. Ein weiteres, umfangreiches Kapitel ist der Kultur und Geschichte der älteren Wesen gewidmet. Inwiefern die Forscher diese aufdecken, bleibt natürlich deren Kombinationsgabe und dem Spielleiter überlassen.

Das Hauptproblem des Spielleiters liegt wohl darin, die beteiligten Personen zu echtem und individuellem Leben zu erwecken. In der Antarktis gibt es nun mal keine zufälligen Begegnungen mit Polizisten, Bürokraten und Taschendieben, die sonst Abwechslung in das Spielerleben bringen, sondern eben nur die Expeditionsteilnehmer, mit denen man immerhin mehrere Monate verbringt und die daher keine Abziehbilder bleiben sollten. Zum Charakter von Starkweather und Moore, den beiden Führern der Expedition, ist genug Information vorhanden, die z.T. auch storytragend ist. Bei den meisten anderen (ca 40) Nichtspielercharakteren wird man mit einigen Zeilen abgespeist, was aber nicht heißen soll, daß sich nicht gerade hier große Möglichkeiten zum Rollenspiel auftun, inklusive Sym- und Antipathien, und was sich eben sonst noch auf so einer langen Reise tut. Was mir besonders gut gefällt (und möglicherweise ein Zeichen für einen Lernprozeß bei den Amis darstellt), ist, daß die Deutschen (eine der Konkurrenzexpeditionen) nicht als Nazis beschrieben werden, und daß, obwohl die Kampagne in den 30er Jahren spielt und die Deutschen eindeutig die "bösen Jungs" sind. Da sehe ich doch gerne mal über den "deutschen" Vornahmen Maxwell hinweg, insbesondere, da die Namensgebung von deutschen Figuren in anderen Rollenspielprodukten oft etwas verunglückt ist. Auch die Antwort, die der deutsche Anthropologe Franz Uhr auf die Frage, was denn er in der Antarktis tue, parat hat, hat mich sehr amüsiert, wenn sie auch etwas schwer zu übersetzen sein dürfte. Ich zitiere:" I belieff it iss because I look like Saint Nicholas! My position mit die expedition iss given as cartographer, und I am sure somevun somevere chose me because zey vant a photo uff me at the South Pole. So, vhy haff you come, ja?" Mehr davon!

Den einzigen Kritikpunkt, den ich bei der ganzen Story vielleicht anzubringen hätte, wäre, daß beim Überfliegn der Mountains ein verheizter Pilotenwurf schon einen Absturz bedeuten könnte, und damit das vorzeitige Ende der Kampagne. Denn auf Rettung zu hoffen ist wohl ein sinnloses Unterfangen, and it´s a long way home ... Nun ja, ich denke, das wird der Spielleiter schon regeln können, zurück zum Erfreulichen:

Auch mit Handouts geizt BMM nicht. Sogar eine 13-seitige Fortsetzung des fragmentarisch vorliegendem Südpolarreiseberichts "The Narration of Arthur Gordon Pym" von Poe ist vorhanden, von der ja auch HPL inspiriert wurde (ich sach nur TEKELILI). Was da noch besseres in dem ebenfalls für teuer Geld verkauften MU Expedition Pack drin sein sollte, weiß ich auch nicht. Insbesondere für deutsche Spielleiter, die den Kram eh noch übersetzen müssen, wird sich die Anschaffung des letztgenannten wohl nicht lohnen. Wobei wir auch endlich beim lieben Geld und dem Ende dieser Rezi angekommen sind. 80 DM (z.B. bei amazon.de oder rollenspiele.de) bis 100 DM (in Rollenspielläden) sind schon eine Stange Geld, die man sich zweimal überlegen sollte, bevor man sie ausgibt. Aber auch nach dem drittenmal gibt es hier nur eine Alternative: kaufen, Leute, kaufen!


Peter Schott

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