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a sich der verehrte Herr und Meister dieser Seiten,
Ingo, derzeit den wichtigeren Dingen des Lebens widmet (sprich:
er schreibt ein würdiges Szenario zur Teilnahme am Hannover-Spielt-Wettbewerb
(Anm. d. Red.: Nicht mehr; das Abenteuer ist zu gut, um auf
nur 16 Seiten gequetscht zu werden! Daher wird es jetzt richtig
ausführlich geschrieben und irgendwann irgendwo ganz sicher
veröffentlicht)), habe ich die verdienstvolle Aufgabe
übernommen, einen näheren Blick auf den mittlerweile
nicht mehr ganz druckfrischen Band "Last Rites" zu
werfen. Last Rites Das erste Szenario hat dem gesamten Band auch gleich den Titel verliehen. Es wird als ideales Einstiegsszenario angepriesen, was sich aber nur auf die Investigatoren beziehen kann, nicht etwa auf den Spielleiter, der für einen erfolgreichen Abschluß dieses Abenteuers nicht nur über eine gehörige Portion Erfahrung als Spielleiter verfügen muß, sondern auch noch rollenspielfreudige Spieler vor sich sitzen haben sollte. Die Handlung ist schnell erzählt: Eine Frau erweckt ihren toten Vater gleich nach dessen Beerdigung als Zombi wieder zum Leben und hetzt ihn auf eine Gruppe von Kultisten aus Rache dafür, daß diese ihre kleine Schwester ermordet hatten. Die Investigatoren sind nun Gäste auf der Beerdigung und müssen das Verschwinden der Leiche aufklären sowie die Mordserie beenden. Nicht wirklich originell, aber man hat schon Ideenloseres gesehen. Es wird auch vom Autor selbst ganz deutlich gemacht, daß das Abenteuer (fast) ausschließlich vom Rollenspiel lebt. Handlungsort ist ein winziges Dörfchen an der amerikanischen Ostküste, wo jeder jeden kennt. Und so sind die wichtigsten Persönlichkeiten des Ortes kurz mit ihrer jeweiligen Motivation dargestellt. Zudem wird dem Spielleiter ein Überblick über den weiteren Ablauf des Szenarios gegeben. Großer Schwachpunkt des Szenarios ist ganz klar dessen Kürze. Wenn der Schwerpunkt auf Rollenspiel liegt, ist es eben nicht unbedingt ausreichend, die beteiligten NSC mit nur einem oder zwei Sätzen zu beschreiben. So bleibt der Hauptteil der Arbeit am Spielleiter hängen. Nicht einmal Raumbeschreibungen werden ihm geliefert, was mit "none of the rooms contain things of importance" abgetan wird. Etwas schwach, finde ich. Fazit: Wirklich nur ein "Szenario", schwerlich ein fertiges Abenteuer. Der Spielleiter muß nicht nur gutes Rollenspiel mit 16 NSCs zustandebringen, er muß zugleich noch die Lücken im Abenteuer mit eigenen Ideen und Beschreibungen schließen. Somit liegt es auch ganz überwiegend beim Spielleiter, ob das Abenteuer für alle Beteiligten zu einem erfreulichen Spielabend führt oder ob Frustration vorherrscht. Lethal Legacy Wesentlich erfreulicher ist da das zweite Szenario des Bandes, "Lethal Legacy". Interessanterweise spielt es im Arkham der Gegenwart, so daß man seinen Stadtplan aus "Arkham Unveiled" zücken kann, oder immerhin auf den Plan aus dem 5.5er Regelbuch zurückgreifen kann. Schade nur, daß mit keinem Wort erwähnt wird, wie es heutzutage in Arkham aussieht. Das bleibt wohl der Fantasie des Spielleiters überlassen. Auch diesmal ist die Handlung schnell erzählt: Zu diesem Szenario gibt es wenig anzumerken. Die Geschichte ist ein bißchen ungewöhnlich und dürfte für die Spieler einige interessante Wendungen bereithalten. Sonst findet der Spielleiter hier ordentliche Standardkost. Er wird hier auch nicht so sehr wie im ersten Szenario im Regen stehengelassen, etwa was die Raumbeschreibungen angeht. Allerdings bleibt es einmal mehr an ihm hängen, mit den gegebenen Personen- und Raumbeschreibungen (sowie natürlich dem Monster, das hier ungenannt bleiben soll) einen spannenden Showdown zu gestalten. The House on McKinley Boulevard Wer mich etwas kennt, der kennt auch meine besondere Vorliebe für Abenteuer mit irgendwie "spukigen" Häusern (z.B. "Cracked and Crooked Manse" aus Great Old Ones oder "Cold Spot" aus Coming Full Circle). Und so verwundert es wohl nicht, wenn ich dieses dritte Szenario für den größten Leckerbissen des Bandes halte (was nach dem "altbackenem Brot" des ersten Abenteuers und dem "trockenen Keks" des zweiten auch nicht so schwer ist). Die Investigatoren werden von einem Rentner angeheuert,
um dessen früheres Wohnhaus (eine spätviktorianische
Villa, wirklich groß) von einem merkwürdigen "Fluch"
zu befreien. Es kam in der Geschichte des Anwesens immer wieder
zu Selbstmorden und Irrsinn. Auch die Gattin des Auftraggebers
brachte sich dort um. Mittlerweile ist das Haus völlig
heruntergekommen und baufällig. Drogensüchtige und
Obdachlose haben sich dort einquartiert, sowie eine Art Späthippie-Öko. Während ich weiter oben nicht so geizig mit
den Details war, mag ich hier nicht mehr preisgeben. In jedem
Fall ist dies das lohnenswerteste Szenario des Bandes. Doch
wiederum ist die Knappheit ein Problem, so kommt etwa nur in
einem Nebensatz mal ein Hinweis darauf, welche Spukeffekte die
Investigatoren bei einer Besichtigung bereits selbst erleben. The Priestess Auch das letzte Abenteuer des Bandes macht einen
ordentlichen Eindruck. Die Polizei einer ungenannten Universitätsstadt
bittet um die Mithilfe bei der Suche nach zwei verschwundenen
Studentinnen. Es wird befürchtet, daß diese einem
Verbrechen zum Opfer gefallen sind, und diese Befürchtung
begründet sich darauf, daß es weit über 100
Personen gibt, die man zu den Feinden der Damen zählen
kann. In einem eigenen Verlag hatten sie nämlich einen
Band mit "America`s Worst Verse" herausgebracht, gefüllt
mit Gedichten, die die Studentinnen auf eine irreführende
Zeitungsannonce hin zugeschickt bekommen hatten. Kein Wunder,
daß die 128 Autoren verärgert waren, so zum Gespött
gemacht zu werden. Unglücklicherweise (für die Frauen)
war unter den Gedichten auch ein "Mythosgedicht" im
weitesten Sinne, und der Autor, ein Herr aus dem Spektrum, das
die Bezeichnung "Kultist" verdient, war über
die Blasphemie so wenig erfreut, daß er Entführer
anheuerte und die Studentinnen zu sich bringen ließ. Der dröge Aufhänger "Verschwundene
Person" ist hier geschickt verpackt in eine originelle
Geschichte, so daß der Leser nicht verstimmt wird. Auch
sonst ist das Szenario durchaus interessant zu spielen, wobei
es gegen Ende wiederum unter der Kürze der Darstellung
leidet. So werden die Eigenheiten des Hausherrn nicht näher
erklärt, der eine merkwürdige Art von Sammelleidenschaft
an den Tag legt, indem er insb. massenweise Möbel in sein
Haus stellt. Konstruiert wirkt die Tatsache, daß das Haus
des "Kultisten" nur über eine Holzbrücke
zu erreichen ist, die über einen Abgrund führt und
die, wenn es der Spielleiter will, bald abbrennt, so daß
die Investigatoren im Haus gefangen sind. Schade ist auch, daß
dem Spielleiter, wie eigentlich in allen Szenarien des Bandes,
nur andeutungsweise verraten wird, wie er das Finale im Haus
gestalten kann. Auch die Zeitreise wird derart knapp angesprochen,
daß der Spielleiter hier praktisch auf sich gestellt ist,
diese auszuschmücken. Schlußbemerkungen Größter Schwachpunkt aller Szenarien
ist der offensichtliche Platzmangel, unter dem der Autor litt.
Während für großformatige Zeichnungen und Handoutsektion
offenbar kein solcher Mangel herrschte, mußte der Autor
ganz offenbar seine Szenarien gehörig zusammenstreichen,
was immer dann deutlich wird, wenn etwa in einem Nebensatz relevante
Fakten wie selbstverständlich erwähnt werden. Negativ ist auch die Einordnung der Szenarien
in die Jetztzeit zu beurteilen. Keines der Szenarien könnte
nicht genausogut in den 20ern spielen und wäre dort vielleicht
sogar athmosphärisch besser aufgehoben gewesen. Mir drängt
sich ohnehin der Verdacht auf, daß die Szenarien ursprünglich
für die 20er gedacht waren und nur umgeschrieben wurden.
So z.B. bei dem Szenario in Arkham. Alle anderen Publikationen für die 90er haben mir besser gefallen als "Last Rites". Richtig schlecht ist dieser neue Band allerdings auch nicht. Wer kein Sammler ist, sondern einfach nur gute 90er Jahre Abenteuer sucht, sollte aber lieber nicht ausgerechnet bei "Last Rites" zugreifen.
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