DIE SAAT DES CTHULHU
H. P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens
Frank Festa (Hrsg.)
Blitz-Verlag 1999, ISBN 3-932171-99-3, DM 19,80
ach "Lovecrafts dunkle Idole" ist dies
der zweite Band innerhalb der Reihe "H. P. Lovecrafts Bibliothek
des Schreckens", die nun im Blitz-Verlag erscheint (zur
Erinnerung: der alte Verlag, Edition Metzengerstein, verschmolz
mit dem Blitz-Verlag). Frank Festa, seines Zeichens Begründer
der Edition Metzengerstein und nun Verlagsleiter von Blitz,
hat hier wieder eine besondere Auswahl mehr oder weniger typischer
Stories im Stile des Altmeisters Lovecrafts getroffen. Diesmal
hat er seinen Schwerpunkt aber vermehrt auf Werke (junger) deutscher
Autoren gelegt - gleich drei der sieben Geschichten stammen
aus einheimischer Feder.
Den Auftakt jedoch beginnt ein Oldtimer, nämlich
Ramsey Campbell. Seine Story "Schriftlich" beginnt
auf eher ungewohnter Basis, um dann in einer ganz typischen
Begegnung mit dem Grauen zu enden. Interessant, wie er die HPL-typischen
"Bücher des Grauens" mit einer ganz anderen Sorte
von Literatur vermischt...
Christian von Asters "Yamasai" bildet, neben Thomas
Ligottis Beitrag, den Höhepunkt des Bandes. Zuviel über
den Inhalt zu verraten, hieße dem Leser die Freude zu
verderben, deshalb nur soviel: was vergleichsweise herkömmlich
beginnt, überrascht am Ende mit einer überzeugenden
und terrorisierenden Wendung, die geradezu prädestiniert
für ein Rollenspielszenario ist.
Thomas Wagner hat mit "Die Farben der Tiefe" eine
traditionelle Mythos-Geschichte verfaßt, die eher durch
handwerkliches und sprachliches Können als eine besonders
innovative Idee überzeugt.
Wer die alten Philipp Marlowe-Krimis oder deren Stil zumindest
mag, wird sich über Kim Newmans Beitrag "Der große
Fisch" amüsieren. Hier findet sich genau dieses Motiv
des coolen, sprücheklopfenden Privatdetektivs a la Humprey
Bogart (oder besser) wieder, der allerdings keinem Malteser
Falken hinterherspürt, sondern es mit Tiefen Wesen zu tun
bekommt... Nett!
Grandios, wie auch kaum anders zu erwarten, ist Thomas Ligottis
"Harlekins letzte Feier". Ich habe schon immer gesagt,
das Clowns unheimliche Gesellen sind und keineswegs lustig,
und das nicht erst seit Stephen King... Meine Empfehlung: Lest
diese Story an einem kalten Winterabend, wenn draußen
Schnee rieselt und sich die kahlen Äste vor dem grauen
Himmel im eisigen Sturm beugen...
Eher enttäuschend, leider, der dritte deutsche Autor, Jens
Schumacher. Sein "Der Hügel von Yhth" konnte
mich gar nicht fesseln, die gezwungen verschroben wirkende Sprache
hat mich schnell ermüdet und ich gestehe, die Geschichte
nicht zu Ende gelesen zu haben. Anderen mag sie vielleicht gefallen...
F. Paul Wilsons "Hinter dem Schleier" (The Barrens)
soll eine der bekanntesten und besten Cthulhu-Geschichten sein,
die hier in Deutscher Erstveröffentlichung präsentiert
wird - so Frank Festa im Vorwort. Nun, sie ist sicherlich nicht
schlecht, aber umgehauen hat sie mich auch nicht. In diesem
Band würde ich sie an dritter Stelle einordnen, hinter
Ligotti und von Aster.
Abgesehen von der Erkenntnis, das ich endlich
das Thomas Ligotti-Special schreiben sollte, überrascht
doch die Qualität der einheimischen Autoren! Besonders
Christian von Aster hat mich schwer beeindruckt, ich hoffe,
ihn am 18.12. live bei der Return of the Living Dead-Party in
der Hamburger Markthalle miterlebt zu haben... Hoffen wir, daß
Frank Festa noch einige andere verborgene Talente findet und
uns weiterhin auch mit hierzulande schwer zu bekommender angelsächsischer
Mythosliteratur beliefert.
Insgesamt eine starke Kurzgeschichtensammlung, die frischer
und moderner daherkommt, als "Lovecrafts dunkle Idole".
Macht Spaß zu lesen und ist für die eine oder andere
Gänsehaut gut. 20 DM, die jeder Lovecraftianer überhaben
muß! Zu beziehen u. a. direkt beim
Blitz-Verlag
oder online bei
Amazon.de.
Ingo Ahrens
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