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GUERNSEY
Von Holger Bohlmann & Michael Greiss
Für H. P. Lovecrafts CTHULHU und verwandte Systeme
Fantastische Spiele GbR, 1999
29,80 DM unverb. Preisempfehlung
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berrascht erblickten meine Äuglein an jenem Samstag auf der SPIEL in Essen dieses neue Produkt aus dem Hause Fantastische Spiele GbR (ich kürze jetzt mal FS ab). Die Leute von FS scheinen es sich auf die Fahne geschrieben zu haben, jedes Jahr zur Messe ein neues Cthulhu-Supplement herauszubringen. Lobenswert, auch wenn manche den "Takt" von einem Produkt/Jahr für etwas zu lang halten mögen; aber Cthulhu ist schließlich nicht FS's "Haussystem"...

Die Aufmachung ist im üblichen, von "Dartmoor", "Gail" und "Titanic Inferno" bekannten Stil gehalten, was absolut positiv ist. Ob die Verwendung mehr oder weniger gelungener Computer-Renderings an einigen Stellen, z. B. zur Illustration des Tempels, angebracht ist, mag Geschmackssache sein. Ich mag's nicht...

GUERNSEY spielt auf der gleichnamigen, zu England gehörenden Kanalinsel nahe der französischen Küste. Die Charaktere und einige andere Leute, durchweg "gehobenere" Gesellschaftsschicht, werden von einem Freund auf seinen dort kürzlich erworbenen Landsitz eingeladen. Nicht nur einer der Gäste hegt besonderen "Groll" gegen den Gastgeber und wird versuchen, diesen vom Leben zum Tod zu befördern...
Mehr verraten möchte ich hier nicht, um potentiellen Spielern von GUERNSEY nicht die Überraschung zu nehmen. Gesagt sei nur, daß Holger Bohlmann sich hier was wirklich Nettes hat einfallen lassen. Das das ganze nicht für fünf Pfennig mit dem Cthulhu-Mythos zu tun hat, wird nur Hardcore-Cthulhianer stören. Grundsätzlich erinnert GUERNSEY mehr an Agatha Christies "Mord im Orien-Express", was ja keine schlechte Referenz darstellt.
Das ganze ist angenehm flüssig zu lesen und vom Aufbau her logisch gestaltet. Die Handouts-Sektion am Ende des Bandes ist gewohnt "reichhaltig" ausgestattet und läßt wenig zu wünschen übrig. Einzig die Porträts der NSCs gefallen mir partout nicht in ihrer anscheinend mittels Computer auf zwei Farben heruntergerechneten Form...

Kritikpunkte: So originell die Idee ist und so wunderbar sie zunächst ausgeführt wird, so stark fällt sie leider auch wieder ab, wenn der Autor am "Ende" dieses "Monstrum, das nur an eines denkt: Mord" einführt. Warum denn nun diese Verwandlung, die so gar nicht in die Atmosphäre passen will? Ich würde empfehlen, dies als eine Option zu betrachten (zumal dieser Punkt vom Autor auch nicht detaillierter ausgeführt wird) und einfach nicht zu verwenden...
Gleiches gilt für den Abschnitt in Frankreich, genauer: Mont St. Michel. Irgendwie überflüssig und "gezwungen" in dem Zusammenhang, aber unter angepaßten anderen Umständen sicher eine stimmige Fortführung der Geschehnisse. Keine Ahnung, warum Michael Greiss das unbedingt mit dabei haben wollte...
Schade, daß das Potential der exponierten Lage der titelgebenden Kanalinsel nicht annähernd genutzt wurde. Ob nun Guernsey, Helgoland oder Rügen, ist letztendlich eigentlich egal...

FAZIT: Ein wirklich mal ungewöhnliches und überraschendes Setting, daß die Spieler u. U. vor ein völlig unerwartetes Dilemma stellen kann. Mit ein bißchen Arbeit des Spielleiters und aktiven Spielern läßt sich ein sehr schönes, spannendes Detektiv-Abenteuer in einem Haus voller potentieller Mörder (und Opfer) gestalten. Zumal sich das Würfeln auf diverse Fertigkeiten zumindest dem Text nach in verblüffend geringe Grenzen hält. Mir hat das Lesen jedenfalls Spaß gemacht, Spielen werde ich GUERNSEY in nächster Zukunft wohl nicht: Holger Bohlmann gehört seit neuestem zu meiner Cthulhu-Spielrunde, was ihm natürlich einen unerhörten Vorteil verschafft. Aber vielleicht fällt mir da noch was ein...
Jedenfalls: GUERNSEY bekommt von mir wg. der prima Grundidee einen "Daumen hoch" und sollte in der Sammlung keines Spielleiters fehlen. Nach dem vergleichsweise schwachen Titanic-Inferno mal wieder ein Highlight aus dem Verlag!

Ingo Ahrens

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