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Cthulhu Classics
Alte Abenteuer neu vorgestellt!

David Conyers, David Godley, David Witteveen
Devil’s Children
Ein Abenteuer für Call of Cthulhu
für bis zu vier Spieler
Pagan Publishing, 1993; vergriffen, sonst ca. 20 DM??

D

evil’s Children (DC) wirkt auf den ersten Blick eher unscheinbar, birgt jedoch eine geballte Ladung Horror in sich, die ich in der Form noch in keinem anderen Szenario für Call of Cthulhu wiedergefunden habe. DC entstand als Turnierabenteuer in zwei Teilen für Conventions und enthält zwei, notfalls separat spielbare Abenteuer.
ACHTUNG! Spieler sollten diesen Text nicht weiterlesen, wenn sie sich nicht den Spaß an dem Abenteuer verderben wollen!

Der erste Part beginnt im Jahre 1692 in dem idyllischen (...) Örtchen Salem... Die Charaktere sind vier junge Mädchen bzw. Frauen aus dem Ort und werden mit allen Daten und ausführlichen Beschreibungen (die im übrigen sehr gelungen sind und gute Ansätze fürs Rollenspiel liefern) im Modul vorgegeben.
Die vier sind frühmorgens auf dem Weg, um einem Farmer bei der Arbeit auf den Feldern zu helfen. Gewisse (unheimliche...) Umstände führen dazu, daß sie bis in den späten Abend arbeiten müssen, doch der Farmer läßt sie natürlich nicht ohne Laterne den Rückweg durch den Wald antreten...

Im Wald stolpern die Mädchen über einen Hexensabbat, bei welchem vier anderen Mädchen aus Salem als neue Günstlinge Nyarlathoteps eingeführt werden sollen. Doch die Zeremonie läuft anders, als selbst die Oberhexe es sich dachte – der Botschafter der Alten hat in den beobachtenden Charakteren interessantere Anwärter gefunden... Zum Glück stört ein Farmer die Zeremonie, muß aber leider auf entsetzliche Weise mit seinem leben dafür bezahlen. Immerhin können die Charaktere in dem entstehenden Chaos entkommen und finden sich am nächsten Morgen mit blutverschmierter Kleidung in den Betten wieder...

Es kommt, wie es kommen muß: die Vier werden schließlich wegen Hexerei von allen gejagt und fliehen (hoffentlich). Auf der Flucht helfen ihnen mehrere Männer aus dem Ort, die sich als Mitglieder des Hexenkults herausstellen und sie in den Wald, zum Schauplatz der nächtlichen Geschehnisse zurückbringen – wo Nyarlathotep sie ihrer Bestimmung zuführt...
Damit endet Part Eins und leitet auf geniale Weise zu Part Zwei über:

Dreihundert Jahre später in Arkham: Im Keller eines Hauses sitzen vier Studenten der Miskatonic Universität um einen Tisch, auf dem eine halb heruntergebrannte Kerze steht, und halten sich an den Händen. Sie haben gerade eine Seance durchgeführt und das erlebt, was soeben in Part Eins sich ereignet hat.
Die Spieler wechseln zu wiederum vorgegebenen Charakteren, diesmal drei männliche und ein weiblicher, darunter Bruder und Schwester.
Bis zum nächsten Tag müssen sie einen Geschichtsaufsatz zum Thema „Hexenverfolgung in Salem" schreiben, und diese Seance war eine (verrückte) Idee, vielleicht an ein paar interessante Informationen zu gelangen. Anregungen haben sie jedenfalls, und sie müssen sich beeilen, denn es ist schon Abend und die Bibliothek der Universität schließt in einigen Stunden.
Was die Charaktere und die Spieler nicht wissen: Die Vier sind bereits seit einer Woche tot. Sie starben bei einem Verkehrsunfall bei der Rückfahrt von einer Party in Danvers (ehemals Salem...). Doch Nyarlathotep hat sie ins Leben zurückgerufen – zu einem hohen Preis. Flashbacks, kurze Erinnerungsschnipsel an den Unfall und das „danach" werden an diesem Abend noch für Verwirrung und Angst sorgen...

Verschiedenste Bücher über die Hexen sind in der Bibliothek zu finden, und besonders aufmerksame Spieler finden Spuren von zwei Privatdetektiven, die vor einigen Jahren bereits ähnliche Nachforschungen angestellt haben. Es stellt sich heraus, das diese zwei einst die vier Hexen von Salem, die im laufe der Jahrhunderte nach Arkham kamen, in einen Raum in der Kanalisation unter der Stadt einsperren und verbannen konnten. Und es stellt sich heraus, daß diese beiden Männern anscheinend Vorfahren der vier Charaktere waren. Ein wiederum aufmerksamer Charakter könnte es auch als sehr beunruhigend betrachten, daß kürzlich die Kanalisation durch extremen Wassereinbruch überflutet wurde...

Kurz: Die Hexen haben sich aus ihrem Gefängnis befreien können und auf den Familien und Nachkommen der beiden tapferen Männer, die sie einst verbannten, lastet ihr Fluch... Die Nacht erlebt auf jeden Fall eine Konfrontation zwischen den Hexen und den Charakteren. Behalten letztere die Oberhand, so scheint sich alles zum guten gewendet zu haben. Doch Nyarlathotep weiß nun, daß die vier seiner würdig sind und er erwartet sie, um ihre Schuld für die Rettung ihres Lebens bei dem Unfall vor einer Woche einzutreiben...

Die Atmosphäre von DC läßt sich selbst in so vielen Worten kaum greifbar beschreiben. Die Spieler haben nie eine Chance, wirklich zu entkommen und am Leben zu bleiben. Aber das ist auch gar nicht wichtig! Die Geschichte und der Horror, die sich entfalten, sind so intensiv, daß man sich wirklich wie in einem Film fühlt und voller Angst zur Kenntnis nehmen muß, daß es keine Rettung mehr gibt... Meine Spieler saßen zähneknabbernd und ängstlich Kissen umklammernd da und wer einmal diese schreckgeweiteten Augen gesehen hat, muß Devil’s Children einfach lieben...
Idealerweise sollte es an einem Stück gespielt werden, zur Not läßt sich das Szenario auch an zwei Abenden spielen. Die Spieler dürften nach Part Eins sehr interessiert sein, wie es denn jetzt noch weitergehen kann. Die Überraschung und trügerische Freude dürfte groß sein...

DC ist m. W. in Deutschland wie in den USA nur noch schwer zu bekommen, ich hatte das Glück, noch ein Exemplar im Drachenei in Hamburg zu bekommen. Ein Blick in die Kisten der Händler auf Cons oder das Durchstöbern der Archive von RSP-Shops (besonders kleineren) könnte dieses Kleinod aber noch zutage fördern, und wer es findet, sollte es kaufen. Reue darob wird garantiert nicht vorkommen, das walte Nyarlathotep...

Ingo Ahrens

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