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"H.
P. Lovecrafts CTHULHU"
Pegasus
Spiele GmbH 1999
Regelwerk zum Rollenspiel, DM 69,80
a liegt es also, sehnlichst erwartet, endlich vor
einem und wartet darauf, rezensiert zu werden - und der Rezensent
spürt, ja, fast ist es schon Ehrfurcht vor diesem Werk. Zaghaft
beginnt er nun, seine Eindrücke in Worte zu fassen...
Das Äußere: Edel. Stabiler Hardcover
und gut gebunden. Da werden sich so schnell keine Seiten lösen
und rumflattern. Man darf es also durchaus vollständig aufklappen
und sich sogar drauflehnen, ohne das dieses berühmte Knacken
ertönt, mit dem Papier aus schlechter Verleimung bricht.
Cover/Backcover sind gegenüber der Originalausgabe neu gestaltet,
was ich persönlich als Nachteil empfinde. Ich mag das originale
Titelbild (ihr wißt schon, dieser monströse Schatten
zwischen Nadelfelsen und das Schiff, alles in Blautönen - grusel!)
einfach zu gerne. Die deutsche Gestaltung ist auch nicht schlecht,
ein wenig Indiana Jones-mäßig anmutend, und das Originalbild
findet sich in kleiner/halber Form auch wieder.
Okay, Geschmackssache. Schlecht ist das neue TiBi keinesfalls, im
Gegenteil!
Was findet der Leser denn nun im Inneren?
Es wurde hier und da geworben bzw. rezensiert mit den Worten (sinngemäß):
Alles, was man für die drei Epochen und die Traumlande
braucht."
Bzzzz. Falsch. Über die Traumlande findet sich so gut
wie nix. Nicht mal Traumwissen ist als Fertigkeit enthalten. Dafür
aber die zusätzlichen Fertigkeiten der Gaslicht- und Now!-Epochen.
Ebenso finden sich für die drei üblichen Settings auch
Preislisten für alle Arten von Ausrüstung, Waffen, Fahrzeuge
usw. Leider nur in Dollar. Hier vermisse ich Währungstabellen
für Umrechnungen, aber die lassen sich vielleicht bald im Internet
finden.
Die Regeln werden auf angenehm ausführliche Weise
vorgestellt und verständlich gemacht. So komplex sind sie ja
auch nicht, und die Altgedienten kennen sie ohnehin aus dem Eff-Eff.
Und wer noch gar nichts über Lovecraft und das Necronomicon
weiß, wird auch darüber ausreichend informiert, wie auch
über die vielen anderen geheimnisvollen oder gar verbotenen
Mythos-Grimoires...
Sehr schön das aufgeteilte Bestiarium.
Von der niedersten Dienerrasse bis zu Azathoth himself finden sich
hier ausreichend Kreaturen und Götter des Mythos, um die Spieler
einige Dutzend Male in den Wahnsinn zu treiben. Die normalen"
Feinde aus der Tierwelt (Tiger, Bären, Vampire und Werwölfe...
ähem) sind auch mit Werten enthalten, was dem Spielleiter entsprechende
Improvisationen vereinfacht. Natürlich ist auch jedes Vieh
und jede Gottheit mit einer Abbildung präsent. Zwar nicht immer
überzeugend (Tsathoggua erinnert mich irgendwie an Plüsch,
Power & Plunder...), aber immerhin lassen sich die Beschreibungen
so auch einmal visualisieren. Außerordentlich interessant
für den Lovecraftianer sind die Persönlichkeiten aus seinen
Geschichten, die in einem Extra-Abschnitt mit Bild, Daten und Hintergrund
vorgestellt werden.
Weiterhin nehmen die Zaubersprüche und Beschwörungen
großen Raum ein. Erstaunlich, was in den vielen Jahren, die
es das System gibt, so an Zaubern zusammengekommen ist! Allein um
diese Sprüche herum kann ein fantasievoller Spielleiter ganze
Kampagnen entwickeln.
Das braucht er aber am Anfang gar nicht unbedingt schon, denn schließlich
sind ganze drei vollständige Abenteuer enthalten. "Der
Spuk", "Am Rande der Finsternis", "Der
Wahnsinnige" und "Blues für Marnie"
bieten dem Neueinsteiger interessanten, ersten Szenariostoff. Sie
fallen allerdings weder besonders positiv noch negativ aus dem Rahmen,
was Originalität angeht. Daher der Rat für neue Keeper:
Nehmt aus einem Szenario, was interessant scheint, schmeißt
den Rest weg und macht euer eigenes daraus.
Exzellent die Spielhilfen, neben dem "Werkzeugkasten
für Spielleiter" eines der sinnvollsten Features. Hier
lernen wir den wichtigsten Teil von Lovecraft Country kennen - Arkham,
dazu einige Anmerkungen und Hinweise zu benachbarten Orten. Lobenswert
hierbei die Nennung der zugehörigen Geschichten Lovecrafts,
die zum Nachlesen und - spielen derselben anregen, genauso die Zeittafel
der Ereignisse in HPLs Werken.
Eine weitere Zeittafel beschreibt okkulte, kriminelle und futuristische
Ereignisse der vergangenen gut hundert Jahre. Auch hier findet der
Spielleiter dutzende Anregungen für Szenarien.
Optionale Regeln, die genannten Preislisten für Ausrüstung
etc., vorgefertigte Charaktere, Charakterbögen für alle
drei Epochen und eine Übersicht der wichtigsten Regeln auf
zwei Seiten ergänzen diesen Abschnitt.
Im Grunde ist also alles drin, was man auch schon
aus dem originalen Regelwerk von Chaosium kennt. (Wobei ich schmerzlich
den Cthulhu-Comic aus demselben vermisse. Paßte Pegasus wohl
nicht ins Konzept, Humor und Cthulhu? Schade eigentlich...)
Warum also kaufen, wenn man selbiges schon besitzt? (Wer das Original
nicht hat, muß die dt. Ausgabe sowieso kaufen - Pflicht!!)
Zum einen natürlich um Pegasus und das System an sich zu unterstützen.
Zum anderen die fantastische optische Aufmachung des ganzen. Wer
die meist eher drögen Werke von Chaosium kennt (auch da gibt
es Ausnahmen), wird überrascht sein, welcher Aufwand hier betrieben
wurde. Es wurden zwar durchweg dieselben Grafiken verwendet, die
Komposition und die Gestaltung des drumherums (angekokelt wirkende
Seiten usw.) runden aber wunderbar die Stimmung ab.
Übersetzungstechnische Überraschungen gibt es keine. Der
"Investigator" wurde also nicht zum "Erforscher"
oder einem ähnlich spannenden, ungewohnten Begriff, sondern
blieb der altbekannte "Charakter". Schade eigentlich,
hier hätte man sicher einiges für die Originalität
tun können. Naja, und die Deep Ones wurden nicht zu "Tiefen
Wesen" sondern "Wesen aus der Tiefe"- ich bleibe
aber bei meinen Tiefen Wesen...
Schade auch, daß bei dem augenscheinlichen Zeitdruck dieser
Veröffentlichung sich auch manche Tippfehler eingeschlichen
haben. Im Grunde ist dies auch nicht so furchtbar schlimm, finden
sich solche Fehler jedoch auf dem Backcover, stößt dies
dem einen oder anderen Interessenten vielleicht sauer auf. Warum
70 Kröten für ein Regelwerk hinlegen, wenn die noch nicht
mal richtig schreiben können?
Insgesamt hält sich dies jedoch noch in Grenzen, zukünftigen
Veröffentlichungen sollte in dieser Hinsicht aber etwas mehr
Sorgfalt geschenkt werden.
Alles in allem ist dem Pegasus-Team zu dem gelungenen,
wenn auch verspäteten Start zu gratulieren. Dieses Buch hat
es in sich, und das nicht zu knapp. Der Inhalt hält das, was
das Äußere verspricht: Unheimliche Abenteuer in einer
nicht allzuweit zurückliegenden Zeit, als Forscher noch Dinge
zu erforschen hatten und nicht alles war, was zu sein schien...
Der Preis ist stolz, aber gerechtfertigt. Ob er neue Spieler gerade
"anlockt" sei mal dahingestellt. Wer sich aber die Veröffentlichungen
zu Vampire: Die Maskerade anschaut (um ein Beispiel zu nennen),
wird praktisch gleiche Preise finden, bei weitaus weniger aufwendiger
Gestaltung und Umfang. So relativiert sich der im ersten Moment
hohe Preis dann wieder!
Cthulhu steht somit am deutschen Markt. Ob er ihn für
sich erobern kann, wird sich zeigen.
Der ARKHAM CHRONICLE wird ihn so gut er kann unterstützen.
Und du?
Frage nicht, was Cthulhu für dich tut - frage lieber, was DU
für Cthulhu tun kannst!
In diesem Sinne: Iäh!
[ia]
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