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Es gibt sie doch - neue Abenteuer aus deutschen Landen! Und das bei einem, angeblich toten Rollenspiel! Na, da sag' noch einer...


New Eden - dt. Cthulhu-Szenario
Titanic Inferno - dt. Cthulhu-Szenario


"New Eden"

Ein Abenteuer für H. P. Lovecrafts Cthulhu von
OMEN (Oswald Morden Entertainment), Gelsenkirchen 1998

P

ünktlich zur SPIEL erschien dies mit einem sehr schönen Cover ausgestattete Abenteuer, welches unüblicherweise im Jahre 1901 spielt. Ausgelegt für vier Spieler, führt es diese bzw. ihre Charaktere in das Südafrika dieser Zeit, in dem, wie uns ja wohl allen bekannt ist, zu dieser Zeit der Burenkrieg tobt.

Wie? Das ist nicht allen bekannt? Macht nichts! Denn gleich auf den ersten Seiten folgt eine detaillierte Einführung in den Hintergrund. Wer bekriegt sich mit wem und warum, fast alles wird in leicht lesbarem Stil dargestellt und ist anscheinend gut recherchiert. Anscheinend deshalb, weil ich keine Ahnung vom Burenkrieg habe und auch keine Lust habe, sowas nachzuprüfen. Wird schon stimmen, jedenfalls klingt das alles ganz plausibel. Weiter im Text:

Die Handlung
Die Spieler sollten je einen der vier vorgegebenen Charaktere auswählen, die mit Bild und Details bezüglich ihrer Beziehung untereinander (man kennt sich aus einem Auftrag in Ägypten, in dem es um einen Dolch, einen Fluch und einige Ghoule ging - vielleicht sollte man ein solches Abenteuer selbst entwickeln und hier vorab spielen?) ausführlich vorgestellt werden. Da wäre ein Antiquar mit Katze, ein Maler/Künstler, ein deutscher Professor und ein neugieriger (bäh) Journalist. Ziel von allen vieren, aus verschiedenen Gründen allerdings, ist das Konzentrationslager New Eden. In diesem werden hunderte Gefangene Buren, darunter Frauen und Kinder festgehalten und zum Arbeitseinsatz in der örtlichen Diamantenmine gezwungen.

Und natürlich gibt es einen Kult (den "Kult des Monats", wie der Autor es so treffend formuliert - der Mann ist wohl schon länger Keeper?). Diesmal wird Nyoghta verehrt. In einer Grotte hockt auf einem großen Haufen Knochen (der geopferten Menschen) die Oberkultistin. Natürlich gibt es im Lager unter den Soldaten einige Anhänger und es werden nicht wenige der Gefangenen an Nyoghta verfüttert...

Die Spieler lernen die verschiedenen Personen im Lager kennen, naturgemäß einiges an militärischem Rang, einige Frauen (deren weiblicher Reize man sich durchaus erwehren sollte!) und einem Lagerarzt. Die meiste Zeit werden sie sich mit der Erfüllung ihres eigentlichen Auftrags (z.B. Kontrolle des Lagers für das Hilfskomitee für die südafrikanischen Frauen und Kinder oder die Befreiung eines internierten deutschen Agentenehepaars) beschäftigen müssen und so die Leiden der Gefangenen miterleben. Die Mythos-Gefahr ist da schon fast neben-sächlich... Und dann greifen auch noch die Buren das Lager an...

Die Aufmachung
Der ganze Band ist durchgehend gut gestaltet, reichhaltig mit Bildmaterial versehen, das es eine wahre Freude ist und angenehm lesbar. Der Randrahmen ist etwas zu gigantisch ausgefallen und nimmt reichlich Platz weg, außerdem: immer das gleiche... nächstes Mal vielleicht abwechselnde Rahmengestaltung? Charakterbögen sind im Anhang angedruckt, Handouts und Karten natürlich ebenfalls.

Meine Meinung
Erstmal zur Aufmachung: Gut bis sehr gut - allerdings sieht dennoch einiges nach Schnellschuß (Motto: MUSS zur Messe fertig sein!) aus. Die Tabellen im Anhang sehen wie schief eingescannte Ausdrucke aus, mit schlecht zu lesender Schrift, der Charakterbogen von Prof. Friedrich ist nicht richtig formatiert und das übelste: Die Räume auf der Karte vom Vale-Haus sind nicht durchnumeriert! Wenn man schon den einzelnen Beschreibungen Nummern gibt, sollte man diese auch in den Karten wiederverwenden. Mit etwas Arbeit läßt sich das aber noch durch den Spielleiter wieder geradebiegen.

Zur Handlung: Tja - dieses Abenteuer hat das Potential, für heißen Diskussionsstoff zu sorgen! Auf der einen Seite die interessante Zeitperiode (mal was anderes), die prima Präsentation - auf der anderen Seite die extreme und nicht immer notwendige Brutalität. Sicher, ein Konzentrationslager ist nichts schönes und OMEN hat schon Recht, wenn man schreibt: "... bei dem sich die Spieler mit so viel menschlicher Grausamkeit abplagen müssen, daß die Bedrohung durch Mythoskreaturen einen vegleichsweise geringen Anteil am Schrecken hat. Es wäre sogar einfach, den ganzen übernatürlichen Handlungsstrang herauszustreiche, ohne das Volumen des Abenteuers wesentlich zu mindern."

Exakt! Die Bezüge zum Mythos wirken derart konstruiert und werden nur ganz am Rande abgehandelt. Warum? Wenn man nur ein Burenkrieg-KZ-Abenteuer machen wollte, hätte man das gleich weglassen sollen und es als Non-Mythos-Abenteuer deklarieren können. Auch sowas hat seinen Kundenkreis!

Die Umstände in diesem Lager sind natürlich extrem inhuman. Aber muß es denn dann tatsächlich noch sein, eine Szene wie die mit dem Kind in dem Schrank (brrr...) mit hineinzubringen? Diese Szene ist wirklich verdammt widerlich und gehört m. E. eher in ein Rollenspiel wie KULT oder IN NOMINE oder ähnliches. (Obwohl der Reiz, sie in einem anderen Cthulhu-Szenario zu verwenden, bei mir durchaus vorhanden ist... Sie ist halt unheimlich fies...) Muß sowas denn sein, Oswald?

Fazit
Ein kontroverses Abenteuer, das genauso Qualitäten wie Schwächen hat. Gut ausgearbeiteter Hintergrund, leicht zu lesen, schöne Aufmachung stehen einer makaber-morbiden, unmenschlichen Handlung gegenüber, die für manche Gemüter die Grenzen des guten Geschmacks vielleicht überschreitet (m. E. schwankt sie ganz gewaltig auf dieser Grenze). Mein Rat an OMEN: Bleibt am Ball! Weitere Abenteuer ja - aber haltet euch bitte solchen extremen Hintergründen zurück! Ich glaube, keiner möchte demnächst einen Nazi-Arzt in Auschwitz als Gegenspieler haben, der Herbert West-mäßig vergaste Juden re-animiert...
Hey - das war ein übertrieben extremes Beispiel von mir! Ich will damit nicht behaupten, daß ihr sowas geplant haben könntet! Aber so extrem, wie dieses Beispiel vielleicht in euren Augen ist, wirkt "New Eden" vielleicht auf manche Leser/Spieler/Spielleiter!
Wäre sehr nett, Oswald Morden, wenn du oder Heiko (Gill, der Autor) mir eine kleine Stellungnahme schreiben könntet. Das gleiche gilt auch für die Leser des Arkham Chronicle: wie betrachtet ihr "New Eden"? Zu hart? Zu weich? Schreibt mir eure Meinung! Das nächste Forum kommt bestimmt! Nach oben
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Titanic-Inferno
Ein Abenteuer für H. P. Lovecrafts Cthulhu von
Fantastische Spiele GbR, Wiesbaden 1998
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Man hätte es ja wissen müssen. Da ebbt die Titanic-Welle (:-p) endlich ab und alle Cthulisten fragen sich: Ey, wo bleibt denn da ein Abenteuer? Nun - vielleicht nicht alle Cthulisten... wahrscheinlich die wenigsten... wenn überhaupt... Ich meine, wer hat sich nicht gewünscht, daß bei jener Szene Cthulhu sich aus dem Meer erhebt und Leo wegmampft, wie er da am Bug steht und sich für den - äh, König der Welt hält?

Egal!

In dem vorliegenden nagelneuen Abenteuer von Fantastische Spiele GbR (in Zukunft FSG abgekürzt, rargh!) spielt der olle Dampfer prinzipiell nur eine „Neben"rolle, die im Grunde jedes andere Schiff auch hätte übernehmen können - solange es nur groß ist und untergeht.
Oder ist die Handlung nur ein Vorwand für ein Auftauchen der Titanic?

Also worum gehts? (Spieler sollten die nächsten Zeilen überspringen, damit ihnen die Überraschung/Spannung nicht genommen wird!) Überspringen

Die Handlung
Angesiedelt ist die Handlung im Jahre 1912. Die Charaktere sollten möglichst Mitarbeiter einer Versicherungsgesellschaft sein. Klar, welcher Charakter ist das nicht? Aber wg. des abseitigen Spieljahres werden eh neue Charaktere erschaffen werden müssen, da kratzt das auch nicht mehr.

Einen Fall von Versicherungsbetrug gilt es zu klären. Ganz genau arbeiten die Charaktere hier für einen reichen Gentleman, der hobbymäßig Versicherungskontrakte mit unterzeichnet und im Versicherungsfalle mithaftet. Da ist das Interesse natürlich groß, wenn einfach einer der Kähne absäuft und einiges auf einen Versicherungsbetrug hindeutet! Den Charakteren wird die übliche Belohnung versprochen (Spesen inklusive) und die Ermittlungen beginnen. Reichlich Papiermaterial (=Handouts) unterstützt sie hierbei und führt sie auf die Spur eines anscheinend nicht ganz koscheren Mannes, was fast die meiste Zeit des Abenteuers in Anspruch nimmt und sie sogar nach Irland führt.

Das dieser seine Spuren zu verwischen gedenkt, indem er als Heizer an Bord der Titanic, die demnächst ausläuft, Kohlen schaufelt (und nebenbei gedenkt, den Dampfer ebenfalls gen Meeresboden zu schicken), gehen schließlich auch die Charaktere dort an Bord. Ungeschickterweise ist er nämlich ebenfalls als Passagier registriert, mit seinem bekannten Namen. So kommen die Spieler überraschend (widerstrebend ob besseren Wissens?) an Bord des Luxusliners.

Die Tage bis zum Untergang verstreichen mit der Suche nach dem Übeltäter und gesellschaftlichem Umgang an Bord. Das finale Meeting mit dem Betrüger, der gerade Sprengsätze anbringen will, geschieht natürlich am besten in jener Nacht, in jenem Moment, in dem der Eisberg die Titanic rammt - womit sich die Probleme leicht verlagern!
Die weiteren Ereignisse orientieren sich dann an dem historischen Ablauf: ein Wettlauf mit der Zeit ums Überleben! Einige Charaktere mögen hier ihr Leben lassen, und ein fieser Spielleiter mag auch noch einige Tiefe Wesen herbeiholen, die sich an den Schiffbrüchigen bedienen. Wer überlebt und vielleicht sogar den Betrüger bei der Polizei abliefern kann, hat mit Sicherheit das Abenteuer seines Lebens hinter sich...

Die Aufmachung
Wie man es von den Machern des (IMHO eher durchschnittlichen) „Gail 1" (Jungs, wir warten auf Teil 2!) und exzellenten „Dartmoor" schon erwarten kann, ist die optische Aufbereitung des Materials sehr gelungen. Die Spielhilfen, darunter mehrseitige Passagier- und Besatzungslisten der Titanic, erschlagen einen schier.

Die Grafiken enttäuschen ein wenig; die schattenschnittartigen Porträts wirken nicht besonders attraktiv.

Die Aufbereitung des Materials ist zwar nicht optimal, aber übersichtlich und ordentlich. Allgemeine Informationen zur politischen Lage Englands in dieser Zeit und andere Dinge finden sich wie gewohnt in aller Kürze am Anfang des Bandes.

Meine Meinung
Wer auf der Titanic-Welle mitgeritten ist, wird dieses Szenario spielen MÜSSEN. Allerdings auch mich als Titanic-Antipath reizt dieses Abenteuer, alleine schon, um die Gesichter der Spieler zu sehen, wenn sie erfahren, daß der von ihnen Gesuchte eine Kabine an Bord der Titanic hat, die morgen ablegt... Und das ist auch der ganz besondere Reiz: die Spieler sollten bis zuletzt nicht wissen, daß die Vorgeschichte um den Versicherungsbetrug lediglich dazu dient, sie auf dieses Schiff zu führen!

Das dabei der Mythos auf der Strecke bleibt, fällt fast gar nicht auf (eigentlich erst, wenn man eine Rezension schreibt).

Das Material unterstützt den Spielleiter, wo es nur kann. Gute Vorbereitung ist dennoch notwendig, die größte Sorge dürften die Einhaltung eines ungefähren Zeitplans sein, damit die Spieler erst relativ kurz vor der Abfahrt der Titanic im Hafen eintreffen und so nicht viel Wahl haben, als ebenfalls an Bord zu gehen...

Fazit
Leider wenig cthuloid - doch wen stört’s? Ab und an mal was anderes schadet nicht, und wer will, kann das Abenteuer in dieser Richtung ja selbst noch etwas ausbauen und damit vielleicht den Grundstein für eine Deep One-Kampagne legen. Immerhin gibt es eine Ruine/Kultstätte und Kinderskelette... (bah)

Natürlich werden Tips zur musikalischen Untermalung gegeben. Tränendrüsen-Musik für die Atmosphäre während des Untergangs. Wer's mag... Ob man das denn nun in einem Horror-Rollenspiel haben muß, sollte jeder selbst entscheiden. Geht aber ganz stark Richtung Seifenoper... ;-)

Muß man nicht haben, sollte man aber. Wenn schon nicht aus Interesse am Hintergrund, dann wenigstens um die Produktion hochwertiger deutscher Cthulhu-Abenteuer zu unterstützen!
(Wobei nicht unterwähnt bleiben soll, daß Titanic-Inferno auch problemlos mit anderen Horror-Rollenspielen kompatibel/konvertierbar ist.) Nach oben
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