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Interview

mit Kai Crystalla und Sebastian Weitkamp von Armageddon Press

Frage: Also, erzählt doch erstmal wer ihr seid, was ihr so macht, was euch zu Cthulhu getrieben hat und wie lange das schon her ist.

Antwort: Steiner: Also, ich bin Student an der Universität Osnabrück in den Fächern Geschichte und Germanistik. Mit Rollenspiel habe ich vor ca. 10 Jahren angefangen. Schulkameraden brachten mir erst das Fantasy-Genre näher und wir sind dann gemeinsam auf Cthulhu umgestiegen, weil D&D und AD&D einfach ausgereizt war.
Kai: Ich studiere Mathe und Physik auf Lehramt Gymnasium in Osnabrück. Kurz vor’m Abi durfte ich bei einem Freund mal Rollenspielluft schnuppern, wobei mir gesagt wurde, daß es zum Herrn der Ringe auch ein Rollenspiel gibt. Als Kleiner-Hobbit-Fan habe ich mir den ganzen Kram zugelegt, hatte aber keine Gruppe. Ab und zu spielen wir mal MERS, aber als mich ein Freund in den Physikvorlesungen mit so’nem anderen System zuquatschte, habe ich mich
irgendwann dann zum Mitspielen überreden lassen. Danke Pele.

Frage:Sebastian, eine ganz wichtige Frage an dich: Woher der Spitzname "Steiner"?

Antwort: S.: Na ja, der Spitzname hat schon etwas mit den gleichnamigen Filmen zu tun. In der Schule haben ihn mir ein paar Freunde verpaßt, weil ich seinerzeit ganze Textpassagen aus „Brücke von Arnheim" oder „Agenten sterben einsam" aufsagen konnte. Verschiedene Tarnjacken taten dann ihr übriges. Seitdem bin ich den Namen nicht wieder losgeworden. Paradoxerweise habe ich meinen Dienst am Vaterland an den Kranken und Behinderten geleistet.

Frage:Kai, das "Crystalla" ist ja auch nicht dein echter Nachname, wie kam es zu diesem Namen und zu "Chysse"?

Antwort: K.: Tja Ingo, leider Pech gehabt. Mein Großvater entschied sich, daß Kristaller nicht deutsch genug aussieht und änderte das damals in Crystalla, schon witzig, oder? Da allen Freunden das sehr bald zu lang war, wurde das
vermurkst und verkürzt und wurde schon in der 5. Klasse endgültig zu Chysse. Hat sich bis heute gehalten.

Frage:Soviel also zu dem Wahnsinn in deiner Familie. ;-) Lassen wir den sinnlosen Small Talk und wenden uns ernsteren Themen von Politik und Kultur zu: Ihr "betreibt" den Fan-Verlag "Armageddon Press" und habt diverse Abenteuer zu Cthulhu herausgebracht. Wie lange gibt es den Verlag schon und wieviele Werke habt ihr bisher publiziert?

Antwort: S.: Vor knapp vier Jahren wollten wir einfach mal eines unserer Abenteuer zu Papier bringen. Zu dieser Zeit hatte sich Laurin gerade vom Markt verabschiedet und Cthulhu war auf dem deutschen Markt praktisch nonexistent. So kam es, daß wir ziemlich viel selbst konstruiert haben. Bisher gibt es zwei Bände aus unserem Fanverlag. „Schwarzer Mond" ist ein längeres Szenario in Kanada, und in „Osnabrücker Nächte" gilt es in der kleinen Hansestadt zwei Abenteuer zu lösen.

Frage: Vertreibt ihr die Abenteuer selbst, läuft das über Mund-zu-Mund-Propaganda, über befreundete Spielehändler oder wie bringt ihr die Abenteuer unter das Volk?

Antwort: S.: Genau so. In Münster und Osnabrück sind unsere Veröffentlichungen im Laden zu haben. Der Rest läuft über Freunde. Einen großen Teil machen die Bestellungen über’s Internet aus.

Frage: Welche Auflage haben die Abenteuer denn in der Regel?

Antwort: S.: Ungefähr 50 - 100 Stück. Mehr ist leider nicht drin.

Frage: Ist damit zu rechnen, das bald wieder was aktuelles aus eurem Hause zu bekommen ist? Habt ihr was Neues geplant? Verratet mir und den Lesern des Chronicle doch mal ein paar Details!

Antwort: S.: Im Augenblick arbeiten wir an drei verschiedenen Projekten, die in zwei neuen Bänden zusammengefaßt werden sollen. Es handelt sich zum einen um eine Kampagne, die vor dem Hintergrund der politischen Wirren des Jahres 1922 spielt und quer durch das Deutsche Reich geht. Zum anderen ist ein Band mit zwei Szenarien geplant, die beide in England (Nottingham und London) spielen.
K.: Das Erstere von beiden wird sich mit ein paar seltsamen Dingen in der Geschichte der Umgebung Nottinghams und des Sherwood Forest befassen und wird auch ein gutes Einsteigerabenteuer abgeben. Die Hintergrundinformationen werden aber wohl ausreichend sein, um weitere eigene Abenteuer dort anzusiedeln.

Frage: Wie steht ihr zu dem neuen Cthulhu-Release durch Pegasus und den erlebten Verzögerungen und Vertröstungen der letzten Monate?

Antwort: S.: An solche Verzögerungen hat sich die Cthulhu-Gemeinde wohl schon gewöhnt. Das hat man schon bei Ars Ludi und Cutting Edge erlebt. Das neue deutsche Regelwerk habe ich selbst noch nicht in Händen gehabt, hoffe aber, daß es eine neue Motivation gibt, Cthulhu in Deutschland wieder populärer zu machen. Leider fürchte ich, daß der relativ hohe Preis (knapp 70 DM) Neueinsteiger abschrecken wird, auch wenn die Ausgabe seinen Preis wohl wert zu sein scheint. Ich bin gespannt, ob Pegasus die Fangemeinde, die inzwischen fast vollständig ins Englische ausgewichen ist, für sich begeistern kann.
K.: Genau, und letzteres wird davon abhängen, ob Pegasus nur alte englische Abenteuer, die eh alle haben, übersetzt, oder eigene, neue herausbringt. Ein Anfang soll da ja bald gemacht werden.

Frage: Meint ihr, daß Pegasus viele neue Spieler in Deutschland für Cthulhu gewinnen wird?

Antwort: S.: Das ist schwer zu sagen. Ich hoffe es. Vielleicht hätte man gleich ein oder zwei Abenteuerbände mitherausgeben sollen, um Neukunden etwas zu bieten. Meiner Meinung nach ist es nicht sehr klug, gerade Einsteiger mit einem Regelwerk zu versorgen und dann hängenzulassen. Wann das Wales-Supplement herauskommt, steht ja auch noch nicht fest.
K.: Und ob sich das mit der Qualität der älteren deutschen Erscheinungen messen kann, wünschen wir ihm, aber das muß es erst beweisen.

Frage: Wie schätzt ihr gerade bei Cthulhu den Wert der Unterstützung durch das Fandom, also die Spieler des Systems ein? Schließlich lebt das System nach langer deutscher Durstzeit immer noch, wie ja auch die Aktivitäten von Armageddon Press gezeigt haben! Wird dies auch für ein langfristiges Überleben von Bedeutung sein?

Antwort: S.: Da ich glaube, daß Cthulhu in Deutschland keinen wirklich großen Durchbruch haben wird, da es auch zu lange vom Markt verschwunden war, alte
ich die Unterstützung durch engagierte Spieler für sehr wichtig. Es wird immer eine kleine Gruppe von Leuten geben, die Lovecraft und das Cthulhu-Rollenspiel faszinieren wird. Und die sind zum Glück nicht totzukriegen.
K.: Ich denke schon, daß die Nachfrage nach deutschen Material da ist. Ob ein Durchbruch aber von Dauer sein könnte, liegt wohl eher an den „Nebenprodukten" der Fans, da ich nicht mit überdurchschnittlich vielen Veröffentlichungen von Pegasus rechne. Es wird wohl an uns allen liegen, wie lang das kommende Hoch durchhält.

Frage: Wie betrachtet ihr die Abenteuer-Veröffentlichungen anderer Verlage, wie z. B. Fantastische Spiele GbR (Dartmoor, Gail, Titanic-Inferno) oder Omen (New Eden)?

Antwort: S.: Natürlich nur positiv. Solche Veröffentlichungen halten das Rollenspiel am Leben. Sie bieten eine gute Einsicht in das Verhalten anderer Spielgruppen und da hat ja jede einen anderen Stil. „New Eden" halte ich allerdings für überzogen. Auch wenn der historische Hintergrund stimmen mag, glaube ich, daß wir in diesem Jahrhundert schon genug KZs erleben mußten.
K.: Ich finde diese Produkte auch sehr gut. Statt Pegasus Kunden wegzunehmen, hält es diese auf Durststrecken bei der Stange. Neidisch bin ich auf die Möglichkeiten, die diese Verlage bei Druck und Layout haben, allerdings schon. Ich würde sie auch noch zu den Fanprodukten zählen, und zwar zu den sehr gut gemachten. Meine Hochachtung.

Frage:Spielt ihr noch andere RSP-Systeme oder ist Cthulhu euer alleiniger Favorit?

Antwort: S.: Bei mir ist Cthulhu alleiniger Favorit. Zeitweise habe ich noch Cyberpunk oder Aliens gespielt, aber da fehlt mir die Mischung zwischen Horror und Detektivrollenspiel, die mich so fasziniert.
K.: Wie gesagt spiele ich ab und an noch mal MERS. Die Welt begeistert mich immer wieder, beim System gehen mir die ganzen Kampftabellen auf den Geist und die Abenteuer sind mir meistens zu einfach und zu ungenau gestrickt. Einmal sollte man etwas im Wald aufspüren, hatte aber keine Hinweise wie. Nach dem Finden geht dann nur noch das Abschlachten los. Manche Szenarien sind das Papier nicht wert, kann man aber als Beschreibung der Welt sehr schön lesen. Hat man einmal Cthulhu gespielt, bieten diese Abenteuer nicht mehr als die wunderschöne Umgebung und die Wesen.

Frage:Also Jungs, vielen Dank für das interessante Gespräch, ich hoffe, daß auch eure neuen Abenteuer viele Leser finden und ich sie bald hier rezensieren darf!
Iäh!


Interview per e-Mail Mitte März 1999 [ia]
 
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