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Real Roleplaying
von Gerhard Schmeußer

I

edermann kennt den Begriff "Live Roleplaying" auch LARP (live action roleplaying) genannt. Bei einem LARP verlassen die Spieler die Sicherheit ihres gemütlichen Wohnzimmertisches um ihr Hobby in der freien Wildbahn auszuleben. "Freie Wildbahn" ist etwas übertrieben, da es sich meistens um ein eigens für diesen Zweck gemietetes Gelände oder Gebäude handelt.
Man befürchtet nämlich zu Recht, dass man mit kultistischen Umtrieben in der Öffentlichkeit Ärgernis erregen könnte.
Ein LARP soll so realistisch wie möglich sein, was mehr oder weniger gelingt. Kostüme, Requisiten, Spezialeffekte sind die Stilmittel des LARP. Das Problem ist immer wieder, wie man den Auftritt von Mythoskreaturen oder magische Erscheinungen darstellen soll.

Dies ist die größte Herausforderung an den Veranstalter, da trotz aller Mühe der Versuch, möglichst realistischen Horror zu erzeugen, leicht zur Parodie entgleisen kann. Dennoch ist alles auf sicherem Boden, die Waffen sind nur Spielzeuge, die Monster nur verkleidete Menschen und die Kultisten in Wirklichkeit gute Bekannte. Eine Spielleitung wacht über das Geschehen und ausserdem gibt es ja auch noch Spielregeln.

Die Frage ist, kann man den Realismus von LARP noch steigern? Gibt es eine Alternative zu LARP? Die Antwort heisst Real Roleplaying.

Beim Real Roleplaying macht man aus dem Spiel Ernst und begibt sich in die Realität. Sie meinen, die in der Realität gäbe es keine Herausforderung für die Spieler, keine Kultisten, keine Monster! Sie irren sich, es ist nur schwieriger, sie zu finden. Man könnte auch sagen, die Spieler begeben sich aus dem Sandkasten des LARP heraus in die harte Realität. Der Lohn der Mühe besteht darin, dass Real Roleplaying wirklich extrem aufregend ist. Es gibt weder eine Spielleitung noch Regeln. Die Kultisten und NSC's sind echt.

Jetzt werden Sie sagen, alles schön und gut, aber hat der Schreiber es schon einmal ausprobiert?

Recherche in der British Library

Eines der Standardklischees bei Cthulhu ist die Recherche nach okkulten Büchern in öffentlichen Bibliotheken. Als ich einmal in London war habe ich die Gelegenheit ergriffen, es selbst selbst auszuprobieren. Aus einem anderen Buch hatte ich eine List mit authentischen okkulten Manuskripten kopiert und damit bewaffnet begab ich mich in die British Library. Ich muss dazu noch sagen, dass dies 1990 war, also in dem alten, klassischen Bibliotheksgebäude. Am Eingang erkundigte ich mich zuerst einmal, wie ich ein Manuskript einsehen könnte. Das Personal war sehr freundlich und gab mir nicht nur eine genaue Erklärung, wo ich mich hinwenden müsse, sondern auch gleich einen Tagesausweis und einen Lageplan. Mein Ziel befand sich in der Abteilung für Handschriften. Dort fand ich zu einem engen, etwas abgelegenen Korridor, an dessen Ende ein sich ein Schalter mit einer Schranke befand, durch die nur Personal treten durfte. An der Korridorwand stand eine Reihe Stühle, auf der bereits einige Besucher warteten. Ich gab meine Liste ab und wurde gebeten, einstweilen Platz zu nehmen. Einige Minuten vergingen, bis ein uniformierter Angestellter der Bibliothek zu mir herauskam und mich fragte, ob ich einen Ausweis dabei hätte. Ich verneinte. Daraufhin fragte er mich, wozu ich die Manuskripte bräuchte. Ich erklärte ihm, dass ich Hobbyautor von Romanen wäre und für ein Werk Recherchieren müsse. Der Angestellte bat mich, noch zu warten und verschwand wieder hinter der Schranke. Minuten vergingen. Würde ich die Manuskripte lesen dürfen?
Nach einer Weile kam der Mann zurück und erklärte mir, dass es "leider nicht möglich sei, das gewünschte Material zu studieren". Ich könne jedoch wiederkommen, wenn ich einen Ausweis mitbrächte.

Vielleicht werden Sie jetzt denken, daß mein Erlebnis nicht besonders aufregend war, aber es stellte immerhin eine typische Situation bei Cthulhus Spur nach. Und es beweist, daß es tatsächlich irgendwelche Manuskripte gibt, die nicht ohne weiteres zugänglich sind.

[gs]

 
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