|
Bastian Greshake
Der Tramper
Es begann alles vor drei Tagen. Ich transportierte Treibstoff in
meinem Truck nach Seattle. Es war schon spät und es regnete
den ganzen Tag lang, was in dieser Gegend nicht ungewöhnlich
ist. Da mich langsam die Müdigkeit überkam, nahm ich die
nächste Ausfahrt von dem Highway und mietete ein Zimmer in
einem Motel.
Am nächsten Morgen wachte ich ausgeschlafen auf. Als ich aus
dem Fenster blickte regnete es immer noch. Nachdem ich mich mit
einem Kaffee gestärkt hatte, ging es weiter. Ich war allein
auf der Straße und weit und breit war kein Mensch zu sehen,
als plötzlich Nebel aufzog, auch das war nichts Außergewöhnliches.
Nach zwei oder drei Kilometern tauchte eine Gestalt aus dem Nebel
aus. Sie torkelte über die Straße und blieb mitten auf
ihr stehen. Wild hupend rauschte mein Truck auf sie zu, doch die
Person bewegte sich nicht von der Stelle. Ich blieb nur einen Meter
vor ihr stehen, die mich jetzt verdutzt anschaute. Durch den Regen
stapfte er zu mir und schaute mich, total durchnässt, an. Der
Mann war von atemberaubender Schönheit. Er hatte lange, schwarze
Haare, die ihm bis zu den Schultern reichten, und sein Gesicht erinnerte
mich irgendwie an einem alten ägyptischen Pharao, den ich in
einem Fernsehbericht gesehen hatte. Er musste bis auf die Haut nass
seinen und sein langer, schwarzer Mantel hatte ihn regelrecht zu
Boden drücken. Ich kurbelte das Fenster herunter und wollte
gerade anfangen ihn anzuschnauzen, weil er nicht beiseite gegangen
war, da fragte er mich mit einer, seltsam vertraut klingenden Stimme,
die einen alle anderen Geräusche vergessen liess: "Seattle?"
Dieses eine Wort veränderte alles, was ich bis dahin über
den Mann gedacht hatte. Gerade noch hatte ich ihn noch anschreien
wollen, doch jetzt musste er mitgenommen werden. Der Tramper stieg
ein und wir fuhren weiter durch den Regen.
"Ich bin Arthur Rhodes, meine Freunde nennen mich Archie",
so versuchte ich ein Gespräch anzufangen, doch der Fremde starrte
nur teilnahmslos durch die Windschutzscheibe in die Schwärze.
Nach mehreren Versuchen mit ihm zu sprechen gab ich es auf und konzentrierte
ich mich wieder auf die Straße.
Ich muss dann wohl kurz eingeschlafen sein, was mich sehr überraschte
und ängstigte, denn ich fand mich am Ufer eines riesigen Sees
wieder. Er war von hohen Bergen, auf deren Kuppen noch Schnee lag
und die stark bewaldet waren, umgeben und die Sonne verschwand langsam
hinter dem Gebirge und tauchte die ganze Umgebung in ein seltsames
Zwielicht. Ich ging an dem Ufer entlang und suchte nach anderen
Menschen. Nach einer Stunde des Umherwanderns, es war mittlerweile
dunkel geworden, fand ich ein kleines Haus, dass ein Stück
in dem angrenzenden Wald lag. Aus dem Schornstein kamen kleine Rauchwolken,
also war jemand zuhause. Auf mein anklopfen öffnete jedoch
niemand. Als auch nach lautem rufen niemand öffnete beschloss
ich trotzdem einzutreten. Es war ein kleiner Raum, in dem in der
einen Ecke der Kamin brannte und in der anderen Ecke war eine kleine
Küche und aus einem der Töpfe kam Dampf, der einen angenehm
süßlichen Geruch verbreitete. Ich setzte mich in den
großen Sessel, der vor dem Kamin stand und döste einwenig
vor mich hin, als plötzlich die Tür aufging. Vor mir stand
ein alter, kleiner Mann, der mit gebücktem Rücken und
den Händen voll Holz ging. Er stapelte das Holz neben dem Kamin
und setze sich dann an den Esstisch. Ich entschuldigte mich bei
ihm, weil ich einfach hereingekommen war und fragte freundlich,
ob ich bleiben könnte. Der Mann lud mich ein dazubleiben und
zu essen. Nachdem wir die, so angenehm riechende, Suppe verspeist
hatten, fing der Alte an gesprächig zu werden. Er erzählte
mir Geschichten von kleinen, unheimlichen Wesen, die Nachts die
Leute in dieser Umgebung heimsuchen, wenn man das Licht löscht.
Die Kreaturen seien zwar nur drei Fuß groß, jedoch würden
sie nur in Gruppen auftreten und könnten dann sogar ganze Familien
verschleppen. Genau deshalb sollte es auch gut gewesen sein zu ihm
zu kommen. Es war noch früh und der Mann gab mir ein Bett,
in dem ich übernachten konnte. Ich wollte es ihm zwar nicht
sein Bett wegnehmen, jedoch sagte, er, dass er immer spät zu
Bett gehen würde. So legte ich mich hin und dachte über
die Kreaturen, von denen der Alte gesprochen hatte nach, doch ich
tat sein Gerede als unsinniges Geschwätz eines verrückten
Einsiedlers ab.
So übermannte mich der Schlaf, jedoch wachte ich in meiner
kleinen Fahrerkabine des Trucks wieder auf. Der Regen prasselte
immer noch gegen die Windschutzscheibe und neben mir schlief der
seltsame Tramper, den ich mitgenommen hatte. Glücklicherweise
passierte auch während meines Schlafes nichts. Um wachzubleiben
stellte ich das Radio an und suchte einen, für Seattle so typischen,
Grunge-Sender. Als aus den Lautsprechern gerade "Lithium"
von Nirvana dröhnte, fand ich noch ein kleines Motel, indem
mein Beifahrer und ich übernachteten. Wir fuhren am nächsten
Morgen gut ausgeschlafen weiter. Ich erzählte dem Mann von
meinem komischen Traum und, dass ich während der Fahrt eingeschlafen
war. Da es ihn nicht interessierte, liess ich ihn in Ruhe.
Doch auch an diesem Tag sollte ich nicht von der Müdigkeit
verschont bleiben, denn schon nach einigen Kilometern muss ich erneut
eingeschlafen sein, da ich mich in der Traumwelt vom letzten Mal
wieder fand. Ich erkannte das kleine Haus des alten Mannes wieder
und sah, dass er nicht mehr in seinem Sessel saß. Da es noch
dunkel war, konnte ich nicht lange geschlafen haben. Ich stand auf
und ging in das Wohnzimmer um den Mann zu suchen. Die Lampe, die
auf dem Tisch gestanden hatte, lag zerbrochen auf dem Boden und
nur das Mondlicht beleuchtete den kleinen Raum. Die Tür stand
offen und ein leichter Luftstoß durchzog den Raum. Plötzlich
hörte ich Geräusche von draußen, es waren Stimmen.
Ich bin nicht in der Lage zu beschreiben, wie diese Stimmen sich
anhörten, trotzdem kann ein Versuch nicht schaden. Es war eine
Art Summen, wie von einem Insekt, trotzdem hatte es etwas seltsam
menschlich klingendes an sich. Ich konnte die Sprache nicht verstehen,
aber ich hatte doch das Gefühl, dass die Worte nicht freundlich
waren. Ich lief ein Stück durch den nahen Wald, und fand die
Wesen, von denen ich gehört hatte. Sie waren tatsächlich
nur 3 Fuß groß und hatten auf ihrer grässlichen,
rosafarbenen Haut viele kleine Warzen. An den Händen waren
lange Krallen, die fast bis auf den Boden reichten und die Beine
waren seltsam dick, so als ob sie oft zum Springen benutzt würden.
Im Gesicht ließen sich keine Augen oder Ohren ausmachen, denn
im Gesicht war die Haut eben, anormal glatt und nicht mit Pickeln
überseht. Als ich mich ihnen näherte, war ich von ihrer
Anzahl schier überwältigt, da es Myriaden dieser Kreaturen
gewesen seien müssen. Sie strömten von allen Seiten an
und im Mittelpunkt dieser Bewegung war ein großes Pentagramm,
in dessen Zentrum ein Opferstein stand. Von diesem Schauspiel zugleich
angewidert als auch angezogen, näherte ich mich den Kreaturen.
Doch schon nach wenigen Metern hielt ich an, denn nun konnte ich
erkennen, wer auf dem Opferstein lag, es war der tote Körper
des alten Mannes, der mich aufgenommen hatte. Sie schnitten seinen
Brustkorb mit einem eindruckvollen, geschwungenen Dolch auf, als
alle Kreaturen in ein Singsang einstimmten. Dann legte der Priester
der Kreaturen, den ich an seiner Kutte als einen identifizieren
wollte,den Dolch weg und nahm dem Mann das Herz aus dem Körper.
Er gab es in eine kleine Schale und legte dann einen kleinen, runden
Gegenstand, den ich nicht erkennen konnte in seinen Torso. Ich vermute,
das es ein Stein, der zu dem Ritual gehörte, war. Dann nähte
ein anderer den Oberkörper sorgfältig wieder zusammen
und verschloss danach seinen Mund mit dem Faden. Dann verstummte
das singen der anderen und nur noch der Priester sprach. Plötzlich
erhob sich der Körper des Mannes und ich fiel seliger Weise
in Ohnmacht.
Jetzt bin ich gerade wieder aus meinem schrecklichen Traum aufgewacht
und sitze hinter dem Steuer des Trucks. Doch was ist das, ich sehe
große, rote Augen vor mir... Nein!! Es sind die Bremslichter
eines anderen Lkws. Sie kommen schnell näher. Ich muss den
Mann neben mir warnen. Was! Wo ist er hin? Der Mann ist verschwunden
und die Tür steht offen. Ich kann nicht mehr bremsen. Ich habe
seine Stoßstange direkt vor mir und auf ihr sitzen... der
Mann aus meinen Traum und der Mann aus meinem Truck und lachen mich
aus. Ich höre seltsame Flöten, die nicht aus meinem Kopf
gehen... NEIN.....
Arthur Rhodes fuhr mit seinem Truck gegen einen Baum. Er muss sofort
tot gewesen seien, jedoch wurde seine Leiche nicht gefunden, sie
ist wahrscheinlich in den nahen Fluss gefallen und ins Meer getrieben.
Der Unfall geschah auf gerader Strecke und weit und breit waren
keine anderen Fahrzeuge. Der Unfall wurde verursacht, weil er während
de Fahrt einschlief.
(c) by Bastian Greshake, Alle Rechte vorbehalten,
Abdruck nur mit ausdrücklicher Genehmigung
Meinungen
zur Story? Ab ins Forum!
Storyboard-Archiv
|
|