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ch habe mich entschlossen, nochmal die CD-Rezension der Null-Nummer hier mit aufzunehmen, da der "Nuller" wohl von den wenigstens von euch gelesen wurde/werden konnte. Und dafür ist die CD einfach zu gut. Außerdem habe ich im Moment keine Lust, was anderes zu rezensieren :-)

JANUS - Vater + Isaak

„Vater" heißt das vor kurzem erschienene Debütalbum des Duos JANUS, eine deutsche Formation, die mit nicht gerade wenigen Gastmusikern zusammenarbeitet.

Kern von JANUS sind T. Hahn und Rig und schon das Artwork der CD und des Booklets läßt einiges von seinem Inhalt erahnen. (und nebenbei die (verräterischen) Herzen von Poe- und HPL-Fans höherschlagen, zumindest ging es mir so)

Sieben Lieder bei insgesamt 50 Minuten Laufzeit bescheren dem geneigten Hörer verstörende, sarkastische, kitschig-ironische (Lolita...) und immer düstere Texte, die ich am ehesten der Romantik eines Edgar Allen Poe zuordnen mag, oder der Bizarrerie Kafkas (nein, ich benutze jetzt nicht das Wort kafkaesk!). „Saitenspiel" bezieht sich gar auf das Leben (und Sterben) von Gustav Mahler, dem öterreichischen Komponisten der Kindertotenlieder.

Der Sound ist teilweise (beun-)ruhig(-end) und düster, mit unheilvoller Stimme vorgetragen, dann folgen wieder längere Passagen mit eindringlichem Gesang, hämmerndem Instrumentengebrauch (darunter seltsamste Geräte wie Djembe, Tarabuka, Oud u. ä.) und dabei durchaus tanzbaren Rhythmen.

Wenig geeignet für atmosphärisch-gruselige Rollenspielsitzung, eher schon als Begleitung entsprechender Lektüre, wie ich finde. Idealerweise hört man sich das Werk aber in einem Stück, ohne Ablenkung und aufmerksam lauschend an. Interessante Lyriken gibt es einige zu entdecken:

„Du hast elf Rollen Nylon mitgebracht
und die Fäden sorgsam verlegt
von der Heizung zu den Lampen
zu den Leisten an der Wand
und von dort dann in deine Hand
Jetzt kauerst du im Dunkel jede Nacht
und wartest, bis sich etwas regt."

(Schwarzer Witwer)

Für Lovecraftianer am interessantesten ist eindeutig „Der Flüsterer im Dunkeln". Hier geht es aber weniger um die gleichnamige Geschichte oder cthuloide (ich liebe dieses Wort!) Inhalte, vielmehr um die Kindheitstraumata des kleinen Howie Lovecraft. Speziell die verstörenden Erlebnisse als Fünfjähriger, der Tod seines Vaters, und die Haß-Liebe seiner Mutter finden hier einen beeindruckenden musikalischen Spiegel, den eine Gruppe wie die Hillside Thickets wohl kaum erschaffen könnte...
Auch hier eine kleine Textprobe:

„Wenn du zu Bett bist, Mutter, hör ich wie die Tür geht
unten, im Salon der Toten
Rate, Mutter, rate wer dann vor mir steht
Ich würde es dir ja sagen, doch er hat es verboten
Vater ist zurück!..."

Interessant auch das Artwork im Booklet zu diesem Text! Irgendwie beunruhigend, diese Tentakel...

Insgesamt ein Album, das mir nach mehrmaligem Hören immer besser gefällt, wenn es auch seine Schwächen hat. Der teilweise übertrieben laute Gesang stört m. E. an einigen Stellen etwas die Atmosphäre, wo er ruhig gesungen vielleicht intensiver hätte sein können. Die Musik ist fast immer sehr passend und in den gemächlicheren Passagen sehr verstörend und gänsehauterzeugend. Meine Freundin nennt das treffend morbide.

Geheimtip: „Isaak"! Man kommt ins Grübeln, ob man die Bibel nicht in eine Reihe mit dem Necronomicon, De Vermis Mysteriis, Unaussprechliche Kulte etc. setzen sollte...

Das dieses Album in der einschlägigen Presse der schwarzen Szene (Orkus & Co.) höchst gelobt wird, stellt gewiss keinen alleinigen Kaufgrund dar. Allerdings rate ich auch davon ab, vor dem Kauf reinzuhören, da man so vielleicht verschreckt wird und so ein exzellentes Stück Musik verpaßt, daß sich einem erst nach mehrmaligem Hören völlig erschließt.

Nicht das ihr mich mißversteht: Eine besondere, tiefschürfende, Moral-von-der-Geschichts-Rad-artige Botschaft steckt nicht unbedingt hinter dem ganzen (vielleicht habe ich sie auch nur noch nicht gefunden).

„Vater" ist unheimlich, veranlaßt sadistische Cthulhu-Keeper zu fiesem Schmunzeln (in Erinnerung an vergangene, seinen Spielern angetane Boshaftigkeiten). Eine Mischung aus Electronic/EBM, ein wenig Industrial, einigen (blasphemous... smile!) Folkinstrumenten und einer gehörigen Portion Poe, Lovecraft und Kafka. Wer sich literarisch für letztgenannten Drei interessiert, sollte durchaus zugreifen! Alle anderen auch. Bei Nichtgefallen allerdings kein Geld zurück, die Geschmäcker sind halt doch verschieden...

Vor kurzem beglückten uns JANUS dann noch mit einer aktuellen Maxi, die zwei Remixe von "Isaak" (darunter ein Mix von DAS ICH, falls die jemand hier kennen sollte :-) ), den bereits auf "Vater" als Ghosttrack (hinter "Lolita") enthaltenen Song "Knochenhaus", das alte "Kafka" und "Wolken über Orgonon" enthält.

Die Remixe gefallen mir persönlich wenig, was aber nichts an der Genialität des Songs "Isaak" an sich ändert. Zu wummerig, teilweise blechern, leer und instrumentenlos wirkt der erste Mix, zu überladen mit seltsamen Samples der DAS ICH-Remix.

Das "Knochenhaus" findet sich auf "Vater" bereits als Ghosttrack und ist eines der fiesesten Lieder überhaupt. Kostprobe? Bitte:

"scharr, scharr
verscharr das Gebein
grab es tief unten im Keller ein
spaeter dann graben es andere aus
und nennen dein Haus
das Knochenhaus"

Ungewöhnlich der Stil: wirkt wie die Fantastischen Vier auf düsteren Pfaden, extrem gänsehauterzeugend durch die ruhige kratzige Gesangsstimme und den schaurigen Text...

"Kafka" hat mich weniger beeindruckt, vielleicht sollte ich mal was vom alten Franz lesen, um das Lied zu verstehen? Klingt ein wenig wie Westernhagen in seinen alten Zeiten, von wegen "zurück nach Berlin"...

"Wolken über Orgonon" ist wieder etwas interessanter, wenn auch leider viel zu kurz. Warum der Text wohl nicht im Booklet zu finden ist? Ruhige, getragene Melodie, netter Text. Was für Regentage oder so. Dafür aber zu kurz. Dann halt für Regenschauer...

Zusammenfassend gesagt nicht gerade die Erfüllung, aber alleine für das Artwork des Booklets lohnt sich die Ausgabe schon fast. Und wer "Vater" schon liebgewonnen hat, möchte auch "Knochenhaus" als separaten Titel auf CD haben (ging mir jedenfalls so). bei Amazon bestellen

Für alle Interessierten habe ich hier zusätzlich noch einige Bilder aus dem Booklet von "Vater" und "Isaak" zum Download bereitgestellt, außerdem die Lyrics als Textdatei. Beachtet bitte das Copyright!

Isaak
Flüsterer
Saitenspiel
Knochenhaus
Lyriken

[ ia]

Texte entnommen aus dem Booklet JANUS „Vater" und "Isaak"
Alle Textpassagen © JANUS - Hahn/Riegert und NovaTekk-Distribution
Erhältlich in jedem guten Independent-CD-Shop, Versandhandel oder eigentlich überall,
wo man sie notfalls auch bestellen kann. Adressen ggf. beim Redakteur erfragen.

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