Heute
morgen erschien mir der ans Fensterkreuz geschlagene schwarze Engel. Es hatte
die ganze Nacht über geregnet, als wolle der Himmel das Land ertränken. Und
ich selbst hätte ertrinken mögen, oder auf der Oberfläche eines
neuentstandenen weltumspannenden Meeres treiben, treiben zwischen all dem
menschlichen Treibgut, umfangen von nichts als Kälte, Nässe und ewiger
Finsternis. Blind würde ich mich an einem Holz festhalten und darauf warten, in
den düsteren feuchten Schlund der Unterwelt herabgezogen zu werden.
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Von Anfang an war mir bewußt, daß etwas anders war an diesem Land mit seinen endlosen Alleen, den Wasserkanälen und zyklopischen Felsen. Der merkwürdig knorrige Wuchs mancher Bäume, das auffallend häufige Vorkommen von Hexeneiern, die im feuchten Herbstklima prächtig gediehen, und vor allem das unbändige Wuchern des Farnkrauts ließen keinen anderen Schluß zu, als daß dies ein magischer Ort sei. Das ganze Land machte einen kraftgeladenen Eindruck. Das
Anwesen mit dem geheimnisvoll klingenden Namen Kersalamand empfing mich in einem
dem Schlafe ähnlichen Zustand, einsam am Rand eines schwermütigen Moorlandes
gelegen. |
Abgesehen von der Handvoll schäbiger Katen, die sich Meurbott schimpft, gibt es in der Nähe des Hauses nicht das geringste Anzeichen menschlicher Zivilisation. Und dieses Meurbott erweckt den Eindruck, weniger erbaut als aus dem Land selbst gewachsen zu sein. Mit ihm verhält es sich wie mit dem Farn: immer und immer wieder abgestorben und neu gewachsen, unzählige Stockwerke, vom Druck der darüberliegenden zermalmt und in den weichen Moorboden gepreßt. Zwischen mächtige Felskugeln und farnbewachsene Hänge geduckt, wirken seine Natursteinbauten mit tief herabgezogenen Rieddächern wie die Kulisse eines Romans aus der Zeit der großen Hexenverfolgungen. Obwohl seine Struktur keinen mir bekannten architektonischen Prinzipien folgt, scheinen die armseligen, jahrhundertealten Hütten Meurbotts alle in Richtung eines kleinen Brunnens zu schauen, aus dem die Bewohner ihr Wasser schöpfen, das aus dem weit aufgerissenen Mund einer längst zur Unkenntlichkeit verwitterten Heiligenfigur rinnt. |
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Nach dem Hörspiel Die Hölle von Jörg Kleudgen und dem Cthulhu Abenteuer Der Herr von Kersalamand von Carsten Schmitt.
Passende Links:
Hörspiel: Die Hölle [Download]
Jörg
Kleudgen / The House of Usher